Wach im Bett hin- und herwälzend schiebe ich die Gedanken in mir von hier nach dort.
Im Hintergrund erzählt die leise Stimme des Sprechers aus meinem Handy, der mir allabendlich meist die selbe Geschichte erzählt, die ich ja doch nie wirklich höre.
Wenn nichts geht suche ich nach Maluna Mondschein und lasse sie mir über eine der zahlreichen Apps vorlesen, um mich mit ihr in den Zauberwald zu träumen.
Weit weg von dem was sich so schwer anfühlt.
Wird triggern was ich schreibe?
Ich weiß es nicht.
Triggert es, über unerfüllten Kinderwunsch zu schreiben? Wenn es dich triggert, dann lies besser nicht weiter.
Es geht mir schon lange nicht wirklich gut. Mal abgesehen von den permanenten Körperschmerzen, die kaum mal einen Tag Pause machen. Meine Seele ist voll Schmerz und Leid. Auch wenn ich nach außen funktioniere wie immer. Kein Schmerz anzusehen und nichts von Kummer. Ich funktioniere nach Außen wie der Roboter, der Befehle ausführt.
Ich spule alles ab was erwartet wird, um ein guter Gesprächspartner zu sein oder ein guter Nachbar, ein freundlicher Mitmensch.
Ich lächle noch mehr als sonst, damit keiner die Schwere hinter dem Lächeln sieht.
Vor einigen Monaten, ich hatte gerade aus Platzgründen die meiste Bekleidung meiner Reborns in Kisten aussortiert und teils entsorgt, kam so aus dem Nichts wieder das Reborninteresse mit voller Wucht in mein Leben. Es füllte mich aus vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Kein Raum mehr für etwas anderes. Ich habe einen Toddler (ein größeres Reborn, was kein Baby mehr ist) im Internet gesehen und war fasziniert. Er hatte mich an meinen früheren Freund erinnert. Ein Freund mit dem ich einen großen Teil meiner Kindheit verbracht hatte. Der Toddler war leider schneller verkauft als ich mich entschieden hatte. Wie blöd.
Und vielleicht eben auch nicht.
Denn etwas nicht zu bekommen bedeutet auch, dass für etwas anderes Raum bleibt.
Ich fuhr nach Jahren und damaligen weniger tollen Erfahrungen zur Rebornmesse. Ja, ich hasse Menschenmassen in Innenräumen. Aber ich wollte einen Toddler-Jungen. Ich wollte unbedingt.
Es gab keine. Die wenigen, die es überhaupt gab waren Mädchen oder sie sahen so schrecklich künstlich aus, dass ich sie nicht hätte haben wollen.
Nein, ich war nicht enttäuscht.
Ich wollte schauen was es gibt und was mein Herz berührt.
Hier und da waren einige Reborns sehr süß. Aber ich ging weiter. Auch dann, als mein Herz einen inneren Hüpfer machte und mir zu verstehen gab, dass man doch da, genau da umarmen und an sich drücken mag.
Ich schaute bis zum letzten Stand und drehte dann um, um das Herzkind in meine Arme zu schließen.
Ja ja von wegen Toddler. Eher Neugeborenes. Ein Baby. Und genau so liegt es im Arm.
Und bewegt in meiner Seele alles was da noch Heilung braucht.
Mein kleiner Nono, wie ich ihn genannt habe. Den kleinen Schatz, mit diesem Blick als hätte er gerade schrecklich geweint und braucht ganz dringend Trost und liebevolles Kuscheln in meinen Armen.
Ich wusste nicht wie mir geschah, als die Rebornerin in mir in den Arm legte. Mein Herz war ein Mamaherz. Eine riesige Woge an Liebe durchflutete mich. Ich wusste, ich würde ihn nie mehr hergeben.
Aber hey, es ist nur eine Puppe. Bleib mal auf dem Boden.
Ganz behutsam, ganz langsam öffnete Nono hier und da die winzigen Luken in meiner Seele. Da wo es noch Heilung braucht.
Ihn mitnehmen in die Therapie ist ja kein Ding. Ist ja noch alles da was es braucht. Und gut eingepackt sieht ja auch keiner was ich da habe.
Bis ich mich ertappte wie ich in Gedanken Joschy dachte anstatt Nono. Wie ich in ihm mein Sternchen erlebe. Der Kinderwunsch wieder hochgeploppt ist. Nur lassen sich Zeiten nicht zurückdrehen und unmögliches nicht möglich machen. Früher nicht und heute schon gar nicht mehr.
Aber es geht auch nicht immer nur darum, Wünsche zu erfüllen.
Es geht doch viel mehr auch darum hinzuschauen warum der Wunsch da ist. Was macht ihn denn aus, den Wunsch? Was sollte das gewünschte Kind denn erfüllen? Schon damals als ich mit 15 gewünscht habe schwanger zu werden?
Ein Mini-Me? Ein Kind was mir „gehört“? Meine eigene Familie?
Wenn es so oberflächlich nur wäre.
Wenn es nur all das wäre was andere Menschen meinen was es sei.
Mit 15…… „du weißt ja gar nicht was das für eine riesige Verantwortung ist“……
Und dann liege ich mit fast 50 am Abend in meinem Bett und die Depression macht sich breit.
Ich finde keine Ruhe und keinen Schlaf.
Nono liegt eingebettet in den Schoß meines LivingPuppet-Katers Wisky.
Ich lege ihn mir auf den Oberkörper, in der Hoffnung, Ruhe zu finden, wenn ich ihm den Rücken streichle. Und zum wiederholten Mal ertappe ich mich bei dem Wunsch, er würde atmen, sich bewegen, sich regen, quengeln, irgendwas tun. Das Kind in mir was schon früher glaubte, Wünsche gingen in Erfüllung, wenn ich nur doll genug wünschen würde.
Nur einen Moment Ruhe finden.
Und dann bin ich eingeschlafen. Mit Nono im Arm. Und mitten in der Nacht aufgewacht und seinen warmen Kopf an meinem Gesicht gefühlt und Angst gehabt, mich auf ihn gelegt zu haben.
Da soll noch mal jemand sagen, dass Vinyl nicht die Körperwärme annimmt und sich nicht lebensecht anfühlen kann. 😅
Der Kinderwunsch.
Was ist das? Weshalb habe ich schon damals so sehr gewünscht?
Ein Mini-Me voll mit meiner Liebe.
Ein anderer Mensch, den ich mit ganzem Herzen lieben kann. Ganz ohne, dass jemand ihn aus meinem Herzen reißen und behaupten kann, er würde nicht zu mir gehören. Ich wollte immer nur dieses Kind. Keinen Vater dazu. Nichts außer diesem Kind was aus mir entstanden ist. Ein Kind zu dem ich die Bindung haben kann die ich zu keinem Menschen finde.
Bedingungslose Bindung.
Liebe die so groß ist, dass sie jeden Kummer aushält.
Ich wollte ihm alles geben was ich selbst so gebraucht hätte.
Und wollte so gerne eine Mama sein, die wie ein Leuchtturm immer ganz verlässlich und sicher da ist. Mit Licht in der Dunkelheit und angenehmen Schattenplätzen bei brennendem Sonnenschein. Mit all der Freiheit die eine Seele zum wachsen braucht und all dem sicheren Raum den es zum Ausruhen und Wundenlecken haben muss.
Ich wollte lieben dürfen wie ich lieben kann.
Und einen einzigen Menschen in der Welt wissen, der mich kennt wie ich wirklich bin.