Alltags-Wahnsinn · über uns

kritische Gedanken

Ich bin wohl sowas wie ein Meister darin, Dinge zu beleuchten, von allen erdenklichen Seiten. Alles zu hinterfragen. Nichts für klar und selbstverständlich anzunehmen. Und dann spreche ich es aus, schreibe es nieder, teile mit, was für viele tausende Gedanken durch meinen Kopf wirbeln.

Ich spreche Wahrheit aus, die andere schmerzt. Bringe Dinge zur Sprache, die andere aus Diplomatie oder Rücksichtnahme heraus besser runterschlucken. Und lasse mir vorwerfen, rücksichtslos und verletzend zu sein. Ja, ich weiß, es ist schmerzlich, wenn die Wahrheit ausgesprochen wird. Es tut weh, in sich selbst den Schmerz zu fühlen, weil jemand anderes ausspricht, was man am liebsten hinter dicken Mauern verbergen wollen würde.

Ich kann es nicht ausstehen zu lügen, hasse es, unehrlich sein zu sollen, um andere nicht zu verletzen. Ich mag nicht Verständnis heucheln wo ich keines empfinde. Will mich nicht mehr anpassen und in die Gesellschaft pressen lassen. Ich bin ich, einfach wie ich bin. Mit all den Anteilen, die zu mir als Mensch gehören. Mit all meiner Phantasie, meinen vielen Gedanken, die ständig in ganz unterschiedliche Richtungen zeitgleich gehen. Ich schlage nicht laut Alarm und gehe in die Öffentlichkeit, um zu protestieren. Protest ist für mich eine Form von Gewalt.

Gewalt hat mein Leben bestimmt, viel zu viele unendlich lange Jahre. Aber was bedeutet denn eigentlich Gewalt? Was verstehen die Menschen darunter? Es fallen Begriffe wie körperliche Gewalt oder psychische Gewalt. Doch wie Gewalt für einen Menschen aussieht, für den das alles so völlig alltäglich ist, dass er es gar nicht als etwas erkennen kann, was nicht geschehen dürfte, das wissen die wenigsten Menschen. Ich denke, es ist besser, eine Warnung auszusprechen, dass beim Weiterlesen erhöhte TRIGGERGEFAHR besteht. Aber ich mag auch keine passwortgeschützten Artikel.

Ich bin aufgewachsen in einer Familie, in der Gewalt in jeder Form zum Alltag gehörte. Und dennoch hat niemand es je erkannt. Gewalt hat so viele Gesichter. Und so viele Menschen, die alle Sinne versperren um nicht erkennen zu müssen, was nicht erkannt werden will.

Begonnen mit der Mutter die das Kind in ihrem Bauch nicht will. Sie wird das Kind schon lieben, wenn es erst mal auf der Welt ist. Sie hat ja schon vier, denen geht es doch auch gut. Überprüft hat das nie einer, ob es denen gut geht. Es hat auch niemand hinterfragt, ob sie ihre Kinder liebt. Sie ist die Mutter. Mütter lieben ihre Kinder. So ist das nun mal.

Dann waren wohl all die unzähligen Schläge und Tritte gegen den kleinen Körper normal. Dann ist das wohl Mutterliebe. Und dann ist es wohl auch ganz üblich, dass Mütter ihre Kinder unter Wasser drücken, wenn sie ihr Schreien nicht mehr ertragen. Alle Mütter stopfen wohl die Münder ihrer Kinder mit Essen voll und zwingen mit erhobener Hand dazu runterzuschlucken.

Doch Gewalt hat auch eine andere Seite, eine leise.

Wenn das Kind wie Luft behandelt wird, ignoriert, anderen verboten wird, mit ihm zu sprechen. Eingesperrt in einen kalten Kellerraum, ohne irgendeine wärmende Quelle. Am Abend ohne Essen ins Bett geschickt wird, weil es sich nicht an die Regeln gehalten hat.
Oder wenn die Mutter das Kind unter Androhung von Suizid dazu zwingt, selbst die Rolle der verantwortlichen Erwachsenen einzunehmen und für das Glück der Mutter zu sorgen. Auch das ist Gewalt.

Man bezeichnete mich nett als unartiges Kind.

Und niemand wunderte sich darüber, warum ich eigentlich immer schwieg, nie lachte, mein Blick immer gedankenverloren in die Ferne ging. Es hat niemand sehen wollen, dass mein Blick in mich gerichtet war, weil ich mich der Welt entzogen habe. Niemand hat die Wunden an der Seele gesehen, niemand die stummen Hilfeschreie gehört.

Als der „liebe Onkel“ eines Tages, als ich bereits fast erwachsen war, verkündete, dass ich ja sein Kind sei und er die ganzen Jahre immer für mich bezahlt habe, dies sogar mit Kontoauszügen belegen könne, hat meine Mutter es als dummes Geschwätz abgetan. Man hat es ihr geglaubt.

Die Wahrheit wollte keiner sehen. Er nicht, sie nicht und auch niemand drum herum.

Es passt nicht in ihr Weltbild. Eine arme Familie, die sich hochverschuldeten mit einem eigenen Haus. Da tritt der „liebe“ Schwager an die Mutter des Säuglings heran, mit einer denkbar guten Lösung. Er würde ihr monatlich gutes Geld zukommen lassen, damit es der Familie an nichts mangeln müsse, wenn er nur ein wenig Zeit mit dem Kinde verbringen dürfe.

Ich war sein Kind, weil er mich gekauft hat. Er hat für mich bezahlt. Ich war Gegenstand eines Vertrages zwischen ihm und meiner Mutter.

Aber eine Mutter tut so etwas nicht. Das können Mütter nicht.

Er hat mich mitgenommen zu seinen pädophilen Freunden. Er hat mir ein Playboyhäschen um den Hals gehängt und mich in einem Pädophilenring an Kunden verscherbelt. Ich war nichts außer einer Ware mit der sie gehandelt haben. Ich gehörte ihnen allen. Und nie mir selbst.

Doch diese Geschichte wollte niemand hören. Eine Mutter tut das nun mal nicht. Also kann es auch nicht wahr sein. Aber ganz bestimmt hat doch der Vater was getan. Der ist doch ohnehin so seltsam.

Ja, er ist seltsam. Selbst vom Krieg als Flüchtlingskind traumatisiert. In dieses Deutschland gekommen, fern der Heimat, immer sich selbst als vom Staat geduldet aber benachteiligt empfunden.

Er, der im kältesten Winter jede freie Minute damit verbrachte, für mich eine Rodelbahn in den Garten zu bauen. Nie vergaß, sie am Abend mit Wasser zu begießen, wenn in der Nacht Frost kam, damit sie auch am nächsten Tag toll glatt zum Rodeln war. Er, der mich in jeder Minute, die er hatte, von meiner Mutter weglotste, damit sie mich in Ruhe ließ. Er, der an keinem Tag vergaß, mir ein Stück seines Arbeitsbrotes mitzubringen, damit ich wenigstens dieses kleine Glück für mich alleine hatte.

Aber er ist eben ein Mann. Männer tun Kindern doch Gewalt an, nicht Frauen.

Und das hat er. Keine Frage. Leise und still. Und dennoch hat es tiefe Wunden hinterlassen. Er hat zugesehen wie sie mich verprügelt hat. Er hat mir nicht geholfen. Er hat mich in seinem Bett schlafen lassen und sich erregt an meinen kleinen Körper gedrückt.
Aber er hat mich nicht verkauft. Er hat mich nicht zu einer Ware gemacht. Nicht zu einem Gegenstand. Er hat mir nicht wehgetan. Nicht so wie andere es taten.

Für mich war normal was er tat. Denn er war meine Familie, in der das so und nicht anders war.

Aber das war es nicht, was die Damen und Herren Therapeuten hören wollten. Also sagte ich nichts davon. Man wusste, dass ich traumatisiert war. Und man konnte sich denken, dass es der Vater war, wer auch sonst.

Die Tatsache, dass es ein über mehrere Jahre andauerndes sexuell übergriffiges Verhalten einer Vaterfigur gab, als ich 12 war, reichte nicht wirklich, um die Folgen zu erklären. DIS entsteht nicht erst in der Pubertät. Und wenn man sich in einem sicher war, dann in dem Umstand, dass ich Viele bin. Daran hatte nur ich immer wieder meine Zweifel.

Und als es dann in der Therapie Erinnerungsfetzen gab, die gut in die Kreise eines rituellen Missbrauchs innerhalb eines Kultes passten, wurde sich darauf gestürzt. Damals, zu Beginn der 90er, ging man sehr davon aus, dass rituelle Gemeinschaften ursächlich für DIS seien. Es reichte aus, dass es scheinbare Ähnlichkeiten in den Handlungen gab, um die Erinnerungsfetzen in eine Schublade zu sortieren.

Ich wurde nie in einen Kult hineingeboren. Nie waren meine Eltern Mitglieder einer solchen Vereinigung.

Es war ein Kunde, der mich gekauft hat. Es war ein Mann, der mich noch dann für brauchbar hielt, als ich den anderen Kunden nicht mehr frisch genug war. Einer der gut bezahlen konnte. Was dort geschehen würde war egal. Nur überleben müsse das Kind. Das war die Bedingung. Aber das könne ja gut eingehalten werden, es seie ja ein Arzt zugegen. Einer der die Eltern auch gut kenne.
Ich war nur die Ware, die man benutzte.
Und es ging um nichts anderes als Sex und Macht. Alles andere war nur ein Nebenschauplatz. Sie deckelten ihre pädophilen Neigungen mit der Hülle eines rituellen Kultes. Es gab diese Menschen, es gab das, was dort geschehen ist. Doch sie waren es nicht, die ausgelöst haben, dass meine Seele zersplittert ist.

Es war die Gewalt, die ich in meiner Familie erlebt habe, fortwährend, vom Tag meiner Entstehung bis zu dem Tag, als ich den Kontakt beendet habe.

Und nun schreibe ich hier über all das. Teile Details über mein Leben mit. Und ich kann hören wie es in mir schreit.

Die Angst, zu viel zu zeigen.
Die Angst, verurteilt, in eine Schublade sortiert zu werden.
Als Faker geächtet zu werden.

Und ich spüre, wie mich das wütend macht. Als man mich als Multiple bezeichnete, habe ich mich dagegen gewehrt. Irgendwann fing ich an, mich damit auseinanderzusetzen, es zu glauben, zu verstehen. Doch all diese Menschen, die sich im weiten WWW tummeln und sich anmaßen, Urteil darüber sprechen zu dürfen, ob jemand ein Faker ist oder nicht, haben die alten Ängste ausgelöst. Wir beteiligten uns nicht mehr an Foren oder Plattformen für Multis.

Doch auch in der Welt der Blogger begegnen uns die Menschen wieder. Multis, die sich anmaßen, darüber urteilen zu können, ob andere echt sind oder nicht. Und sie merken nicht, wie sehr sie damit die gleiche Gewalt antun, die viele Betroffene aus Traumazeiten kennen. Sie grenzen sie aus, beschuldigen sie der Lüge, verurteilen sie. Und ich fürchte, viele tun das, weil sie selbst in sich die Unsicherheit fühlen, diese Zweifel, ob echt und glaubwürdig ist, was man fühlt und erinnert.

Aber denen gegenüber, die nur einfach etwas anderes erlebt habe und deshalb anders erscheinen, ist es Gewalt, die ihnen angetan wird, wenn man sie als Faker bezeichnet.

Ich finde es schlimm, dass es immer wieder dieses Thema gibt. Als wäre man in einem Konkurrenzkampf darum, wer echter ist. Geht es wirklich noch immer darum, besser sein zu wollen, in jeder Hinsicht?

Wenn jemand behauptet, dass er Viele ist, ohne es wirklich zu sein, und wenn der das auch weiß, dann wird es einen Grund geben, sich so zu verhalten. Es wird andere Schwierigkeiten geben, die diesen Menschen glauben lassen, es würde ihm besser gehen, wenn geglaubt würde, dass er viele ist.

In der Realität fliegt das sehr schnell auf, denn dissoziieren kann man nicht vorspielen, man kann auch keine Schockstarre oder Todesangst vorspielen. Und alles was eben noch ganz spezifische Traumafolgen sind. Das geht einfach nicht.

So, genug gewehrt für die Zweifler in uns. 😉

18 Antworten auf „kritische Gedanken

  1. Hi, ich weiß noch nicht so ganz wer oder was ich bin, befinde mich noch ganz am Anfang meiner Reise. Aber nach dem ich das jetzt gelesen hatte überkam mich das Gefühl, dich einfach mal umarmen zu müssen. Drück dich unbekannter Weise! Hab jetzt sonst keine Worte!
    Lieben Gruß Gabi

    1. Vielen Dank für deine mitfühlende Rückmeldung.

      Ich wünsche dir viel Mut und Geduld auf deiner Reise. Sie ist so lohnenswert wie keine andere es für dich sein kann.

      Liebe Grüße

  2. Hallo du und ihr,

    mir und uns geht soviel durch den Kopf was wir schreiben möchten aber wir sind nicht sicher, ob wir die richtigen worte finden.
    Ich finde es mutig, wie und was du geschrieben hast und es macht mich traurig und wütend, was dir passiert ist. Wütend, weil soviel nicht gesehen wurde und wird. wütend, weil auch wir immer und immer wieder sehen und fühlen, wie leicht man in einer Schublade landet oder landen kann und wütend, wenn ich versuche nachzuempfinden, wie es dir gehen muss. Zum einen mit deiner geschichte und zum anderen damit, dass nicht wahrgenommen wird, was wirklich auslösend war – wo es anfing.
    Und was die faker angeht: ich kenne diese zweifel daran, ob man wirklich viele ist. Weil es andere gibt die sagen, wie ein system sein müsste und weil immer wieder auffällt, wie anders ich und wir sind.
    Aber es ist leicht zu urteilen, sei es aus eigener unsicherheit oder aus anderen gründen.
    Lasst euch davon nicht anzweifeln. Wer urteilt hat selbst wahrscheinlich irgendwo ein problem aber das ist seines, nicht eures. Ihr wisst, wer ihr seid.
    Liebe grüße und ganz, ganz viel kraft senden wir.

    1. Hallo ihr,

      vielen Dank für eure Rückmeldung. Eure Worte können nicht richtig oder falsch sein. Es sind eure Worte, und die sind so wie sie von euch kommen immer auch okay, ganz egal ob sie einem anderen gerade gefallen oder nicht.

      Ihr trefft es beim Thema Faker voll auf den Punkt. Andere, die sagen wie ein System zu sein hat. Ich würde es mir nie anmassen, darüber zu urteilen wie ein anderer Mensch zu sein hat. Egal ob viele oder nicht viele. Jeder hat seine Geschichte, seine ganz eigenen Möglichkeiten wie damit umgegangen werden kann und entsprechende daraus resultierenden Eigenheiten. Es braucht keinen Stempel der DIS oder PTBS oder sonstwie heißt, um einen Menschen anzunehmen. Eine Diagnose hilft manchmal einfach nur, um in wenigeren Worten etwas sehr komplex oberflächlich zu erklären. Und sie ist der Schlüssel, der einem Türen öffnen kann zu Unterstützungsmöglichkeiten. Im Miteinander sollte es irgendwie nicht wirklich eine so große Rolle spielen.

      Das ist das paradoxe. Es ging mir in der Zeit, als ich Kind und Jugendliche war, nicht wissentlich schlecht. Es war normal. Ich kannte es nicht anders. Erst heute, wo es durchaus so ist, dass es Menschen gibt, die mir glauben, und die hören wollen wie es ganz wirklich war, kann ich fühlen was in der Traumazeit sofort dissoziiert werden musste.

      Liebe Grüße von uns an euch und ein ganz dickes Kraftpaket 🙂

  3. ich persönlich denke schon, dass es möglich ist, dissoziative phänomene zu „spielen“ und dass es (wichtige) gründe (und ggf. leidensdruck) für menschen gibt, dies zu tun. „ferndiagnosen“ zu stellen, bzw. „internet-urteile“ zu sprechen über menschen, die man persönlich gar nicht kennengelernt hat, finde ich auch heftig. aber ich denke, dass es wichtig ist, genau hinzuschauen! es gibt nicht nur die möglichkeit des „DIS-vorspielens“, sondern auch die möglichkeit der „DIS-fehldiagnose“- und beides ist problematisch! für die glaubhaftigkeit von wirklichen DIS-betroffenen, deren gewalterfahrungen und dem „bild in der öffentlichkeit“ ist es sehr notwendig, klar zu differenzieren- und auch für die „faker“ oder fehldiagnostizierten ist es keine hilfe, über die „unstimmigkeiten“ zu schweigen. darüber sprechen muss ja nicht einem „urteil“ gleichkommen, das kann und darf und soll respektvoll passieren. ja, so denke ich.

    1. Da bin ich auch völlig deiner Meinung. Wenn es Unstimmigkeiten gibt, wenn man ein komisches Gefühl im Bauch hat, dann sollte das angesprochen werden können. Menschen als „Faker“ abzuurteilen finde ich allerdings schon sehr beleidigend. Es erscheint oft so, als gäbe es welche, die ganz genau wüssten, wie man zu sein hat, wenn man Viele ist.
      Was das „spielen“ dissoziativer Phänomene angeht, sehe ich das schon auch recht differenziert. Sicherlich ist es möglich, Flashbacks darzustellen, oder auch Schockstarre, Panik, Wegbeamen, etc. Da habe ich mich nicht genau genug ausgedrückt. Ich denke nicht, dass es glaubhaft vorspielbar ist, wenn man ein Gegenüber hat, was durchaus erkennen kann, wie sich diese Reaktionen üblicherweise zeigen. Wenn jemand etwas darstellt, dann ist das ein bewusstes Handeln. Und der Unterschied zwischen einer bewussten Handlung und einer spontanen Reaktion ist meines Wissens nach der, dass eine spontane Reaktion eben umgehend, sofort erfolgt, ohne jede Verzögerung. Und das ist nicht darstellbar. Es gibt nur einfach genug (auch) Fachleute, die wenig praktische Erfahrung mit komplex traumatisierten Menschen haben und deshalb den Unterschied zwischen etwas Dargestelltem und einer Spontanreaktion nicht unterscheiden können. Aber ich merke, dass auch das nicht wirklich präzise genug ist, um nicht doch eine Lücke zu lassen, die einem Aber Raum gibt. Kann es gerade nicht besser umschreiben, was ich genau meine.

      Ich finde einfach nicht gut, wenn über andere in dieser Art geurteilt wird. Nicht wenn es Betroffene untereinander tun. Man kann sagen, dass man ein ungutes Gefühl hat. Deshalb sollte man dennoch nicht einen anderen als Lügner aburteilen. Es wäre irgendwie besser, um Verständnis bemüht zu sein.

  4. Hallo an alle, die hier diskutieren!
    Obwohl oft in uns die Wut hoch kommt über so viel Unverfrorenheit Außenstehender, denken wir mittlerweile, dass es sinnlose Kraftvergeudung ist, sich mit ignoranten Menschen auseinander zu setzen. Die einzige Mühe wäre in einer Therapiebeziehung wert.
    Was ich sagen will: Es tut schon immer verdammt weh, wenn man verglichen wird. Habe nie verstanden, warum mir als Individium mit völlig eigenen Gehirnstrukturen, Hormonzusammensetzungen, Erfahrungen und eigenem Gefühlsempfindungen, nicht das „Recht“ zugesprochen wird, ganz eigene individuelle Wahrnehmungen zu haben. Schon als Kind mit zwei Geschwistern hat mich das irre gemacht, aufgebracht! Nie durfte ich das pure ICH sein. Nach so vielen Jahren musste ich lernen, dass es mir am Hintern vorbei gehen muss, wie andere urteilen, damit ich mich nicht selbst zermürbe! Heute kann ich sagen: Ich bin Ich! Du bist Du! Fi.. dich, wenn du anderes behauptest!!! Das tun eh nur Menschen, die andere nicht in ihrem Sein lassen wollen! So gesehen habe ich aufgegeben, mit anderen darüber diskutieren zu wollen, ich hake sie ab, Punkt! Es hat gereicht, in der Kindheit kein eigener Mensch sein zu dürfen! Heute will ich es sein, und lasse mir von niemanden mehr meine Individualität klein reden!
    Und ehrlich? Es hat gedauert, dies für mich als Prinzip zu errichten.
    Heute nun kann ich nur mit den Menschen etwas anfangen, die mich als eigenständiges Individium ansehen, mich so akzeptieren und wert schätzen. Der Rest kann mir gestohlen bleiben!!

    Ich finde deinen Beitrag sehr bewundernswert!
    Liebe Grüße von Mari

    1. Hallo Mari,
      du ahnst nicht, wie gut deine Worte gerade tun. Oder vermutlich doch. 😉
      Genau das wollte ich zum Ausdruck bringen. Das und nichts anderes. Alles was du geschrieben hast, sehe ich ganz genau so. Ich hasse es abgrundtief wie Menschen Urteil über andere fällen. Jeder ist okay, so wie er ist. Ich muss nicht jeden mögen, aber ich habe auch nicht über ihn zu urteilen.
      Auch ich habe diesen permanenten Kampf mit meinen Geschwistern gehasst. Umso schlimmer finde ich es, dass es scheinbar nicht aufgehört hat. Ignorieren kann ich diese Menschen die über mich urteilen leider noch nicht. Dafür liegen die Wunden der Vergangenheit gerade auch einfach zu offen. Aber wenigstens wähle ich inzwischen sehr genau aus mit wem ich Kontakte pflege und schmeiße Menschen die sich ein Urteil über mich erlauben wollen schneller aus meinem Leben raus als sie es für möglich halten.
      Ich bin es leid, immer wieder gegen solche inneren Zweifel angehen zu müssen, nur weil draußen einer an Fäden zieht. Ich versuche mich dann eben auch einfach nur zu schützen.
      Aber manche begreifen leider nie was sie anrichten. Und die Wahrheit zu hören tut weh. Vor allem wenn man sich selbst als Opfer sieht, erkennen zu müssen, dass man genauso zum Täter an anderen wird. Dabei ist es nahezu normal, dass das geschieht. Und es ist sehr wichtig, dass erkennen zu können, weil man nur dann einen Weg finden kann, anders im Hier und Heute mit sich und anderen umzugehen.

      Vielen Dank für dein „Mit-Diskutieren“.
      Liebe Grüße

    1. Ja, es ist wohl am besten, eine Gleichgültigkeit gegenüber solchen Menschen zu haben. Ich merke, dass mir da immer wieder die alten Mobbing-Wunden aufreißen. Ich kriege dann immer Schiss, dass mich alle so sehen und ich ganz allein bleibe. 😦

  5. Angst davor zu haben, zuviel von deinem Innersten preis zu geben, kann ich verstehen. Allerdings befreit es dich ein Stück weit von deiner Qual, so wie (vielleicht?) auch Dieser Artikel von Dir.
    Traue dich, offen zu dir selbst zu sein. Teile deine Schmerzen mit uns.
    Quäle dich nicht mit deiner Angst herum, du bist jetzt ein Teil der großen Familie namens „Tagebuch-Blogger“. Wir alle haben unser Päckchen zu tragen und jeder von uns trägt es auf seine Weise. Wichtig ist nur, dass du weisst, dass du nicht (mehr) alleine bist! Wir können dich verstehen, dir Trost spenden, liebe Worte schenken, Zuversicht geben und versuchen, dein Leid zu lindern, indem es manche von uns teilen.
    Wir sind überall …! 😉

    Ganz nebenbei:
    Ich kann mich meinen Vorposterinnen nur anschließen. Kraft für Wut zu vergeuden, diese in eine leere User-Hülle zu projezieren, welche nur durch ihre Worte existiert, ist in jeder Hinsicht vergeblich! Lächeln dagegen, ist die coole Art, seinen „Feinden“ die Zähne zu zeigen. 😉

    1. Vielen Dank für deine Rückmeldung. Deine Worte haben zu mancher Überlegung angeregt, die ich demnächst in einem gesonderten Artikel aufschreiben möchte.
      Nur soviel für heute, ich verstehe mich nicht als „Tagebuch-Blogger“ und für mich sind User die hier etwas posten keine leeren User-Hüllen, die nur durch ihre Worte existieren. Für mich stecken hinter diesen Profilen immer Menschen die ganz real sind, so wie ich auch real bin.
      Es ist verschwendete Energie, etwas für einen Menschen zu empfinden, der keines meiner Gefühle wertschätzen würde. Egal ob virtuelle Welt oder ganz reale. Wut zu fühlen kann aber viel Kraft freisetzen um etwas zu bewegen, vorausgesetzt man schafft es, sie ihn die passenden Bahnen zu lenken.
      Wenn sich für dich hinter solch geschriebenen Worten nur leere User-Hüllen befinden, hast du dann auch einen Freibrief, respektlos zu werden?

  6. Schön, zu lesen, dass meine Worte als Inspiration dienen konnten. ^_^
    Ach so? … Du bist kein Tagebuch-Blogger? … Dann muss ich euer Blog aus meiner Tagebuch-Blogger-Lesezeichenliste entfernen und in die normale WordPress-Blogger-Lesezeichenliste setzen. Kein Ding. 😀
    Gut zu wissen, dass Du/Ihr Dich/Euch trotz dieser Vergangenheit in der Lage seht, die Wut in die richtige Bahn zu lenken. Ich könnte das nicht. Wut ist für mich etwas unkontrollierbares.

    Versteht mich jetzt aber bitte nicht falsch, mit dem von mir erfundenen Wort „User-Hülle“ wollte ich lediglich eine Abgrenzung zwischen den so genannten „Hatern“ und den normalen Lesern ziehen. Für mich bist weder Du, noch jeder andere mit dem ich zu tun habe und mit dem ich in Kontakt trete, eine leere Hülle. Mir fiel nur leider in dem Moment keine bessere Beschreibung ein.
    Und: Nein. Ich würde meine eigene Sichtweise nicht als Freibrief sehen, anderen respektlos gegenüber zu treten!

    Ich sage immer: Tue niemandem etwas an, was du selbst nicht verkraften kannst!
    … und ich sage auch oft: „Tue niemals etwas“, aber das würde ich keinem raten. :mrgreen:

    1. Ich habe nicht wirklich behauptet, dass ich in der Lage bin, Wut in die richtige Bahn zu lenken. So weit bin ich auch noch nicht. Aber ich durfte schon mal die Erfahrung machen, dass es möglich ist, Wut nicht als unkontrollierbares Gefühl zu empfinden.Kannst du hier nachlesen: Wut empfand ich vor dieser Erfahrung auch als grundsätzlich unkontrollierbar. Das hat aber etwas damit zu tun, dass Menschen immer ihre Geschichte mit sich rumschleppen, solange sie sich nicht mit ihrem inneren Kind angefreundet haben. Wut wird unkontrollierbar, wenn es eine eingefrorene Wut aus einem traumatischen Erlebnis ist, die im Heute hochprescht. An sich ist Wut ein sehr kraftvolles Gefühl, was in der Tat Energien freisetzt.

      Oh, dann hast du mich in meinem Artikel vermutlich missverstanden. Ich schrieb nicht über „Hater“. Es ging mir um Multiple, die sich anmaßen über andere Betroffene zu urteilen. Es sind keine „Hater“, sondern auch ganz normale Leser.
      Auch wenn es ohne Zweifel leichter wäre, sie als „Hater“ abzustempeln. Ist einfach nicht mein Ding. 😉

    2. ‚Tschuldigung, dann habe ich da etwas überlesen. ^^
      Ich kann meine Aggressionen und die tief verborgene Wut in mir jedenfalls nicht so wirklich als etwas ansehen, was man kontrollieren könnte, da bist du mir weit vorraus.

      Ach so, keine Hater sondern Gleichgesinnte, die dich und andere verurteilen. Na … das ist ja noch schöner. 😦
      Ich bewundere jedenfalls deine positive Einstellung. 😀

Hinterlasse einen Kommentar