Alltags-Wahnsinn

Unbegrenzter Raum für Traurigkeit


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Hallo ihr Lieben,

da war sie direkt wieder über mich geschwappt, diese Welle der Traurigkeit.
Ich würde meinen, dass sie in den Weihnachtstagen nicht verschwunden war, um dann gestern wieder aufzutauchen, als ich allein war.
Nein, sie war da, nur habe ich sie nicht wahrgenommen. Ich war so sehr mit anderem beschäftigt, dass ich nicht mitbekommen habe, wie die Traurigkeit in mir nagt.

Sie taucht immer an Weihnachten auf. In jedem Jahr. Und mit jedem Jahr was vergeht nimmt sie zu.
Denn jedes Jahr ist ein weiteres in dem ich unglücklich bin.

Es ist schön, nicht allein in dieser Zeit zu sein. Und es ist toll, beschenkt zu werden und noch schöner ist es anderen eine Freude zu machen.
Doch die Traurigkeit vermag das nicht zu lindern.
Es überdeckt sie nur.

Die Traurigkeit erzählt eine andere Geschichte.

Sie erzählt von dem Kind ohne Heimat.

Ich kann dicke Krokodilstränen in meiner Seele fühlen, wie sie dort ganz warm runterkullern.
Kann das Schluchzen in meinem Brustkorb fühlen, ohne das es eine sichtbare Träne gäbe. Ich fühle wie sich der Brustkorb krampfend zusammenzieht und es schwer wird zu atmen.
So viel unausgesprochener Kummer.

Und dann fragt sich das Kind in mir, ob heute Montag ist und ob M. uns gar nicht mehr lieb hat, weil wir sie heute nicht wie sonst sehen………
Und die Traurigkeit wächst noch ein wenig mehr an.
Ein Montag, der nicht wirklich einer ist. Alles komisch und blöd und es will in mir weglaufen und sich verkriechen.
Verschwinden aus der realen Welt.
Nicht mehr Teil davon sein.

Ich kann die Traurigkeit fühlen als würde sie vor sich hinköcheln. Blubbernd sich melden.
Bestimmt werde ich nie gewollt und gewünscht sein von denen wo ich mich zuhause fühle.
Bestimmt sind sie alle dann nur immer nett solange ich nicht bleiben will.

Ich bin einfach nicht gewünscht.
Bin nicht dazugehörig.

Mir fehlt die Routine der vergangenen Wochen.
Das Öffnen von Adventskalendern. Die tägliche Überraschung einer Marmelade, die mich vor die Entscheidung stellte ob ich esse was ich immer esse oder etwas anderes probiere.
Mir fehlt der Stress der Vorweihnachtszeit, der plötzlich abfällt.
Und es fehlt die Orientierung an dem üblichen Ablauf.

Doch mein Kummer erzählt anderes. Er wird nur mehr, weil auch das Vertraute fehlt.
Das Vertraute, was mich trotz Kummer stabil halten kann.
Was eben hilft, nicht in den Tränen zu ertrinken.

Die Traurigkeit erzählt mir, dass es keine Chance auf ein Leben mit Liebe gibt.
Sie erzählt mir, dass es keine Geborgenheit geben kann.
Dass der Mensch mit dem ich wünsche sein zu dürfen, nicht mit mir sein will.
Nicht so wie ich es wünsche.
Die Traurigkeit erzählt, dass ich in diesem Leben keine Chance habe, „mein Zuhause“ zu erreichen. Sie erzählt mir, dass ich niemals geborgen sein kann in sowas wie einer Familie. Dass ich nie wirklich gewollt sein werde von einem Menschen mit dem ich mich geborgen fühle.

Und die Gedankenchöre stimmen ein mit der ewigen Frage, wozu ich mich mit Leben quälen soll, wenn es doch vollkommen aussichtslos ist…………….

Und wer nun wieder meint, man dürfte sich doch nicht so an einen Menschen hängen und alles Glück davon abhängig erklären.
Ich lebe in meiner eigenen Welt mit meinen eigenen Gefühlen, Ansichten, Denkstrukturen, etc.
In meiner Welt gibt es zwei Menschen die dazu bestimmt sind, einander zu finden und so verbunden in der Welt zu sein wie sie es im Herzen außerhalb jedes Seins auch schon immer waren.
Ist diese Verbindung in diesem Leben nicht möglich, hat mein Leben kein Ziel mehr und keine Orientierung. Denn das, was der Sinn meines Lebens ist, ist damit nicht zu vollenden.

Gestern war noch Weihnachten.
Es war das 10. Weihnachten nachdem wir uns gefunden haben.

Das 9. Weihnachten an dem meine reale Anwesenheit nicht gewollt war………
Und das Kind in meiner Seele fragt, ob wir nun auch nicht mehr normal gewollt sind an so einem üblichen Montag, an dem wir uns sonst sehen.
Freie Zeit und andere Verpflichtungen, das alles ist schwer zu verstehen, wenn das Herz voll Traurigkeit ist, weil nicht gewollt ist, dass es uns gibt.

Und dann kullern echte Tränen über reale Wangen und fühlen sich brennend heiß an.

Ich wünsche euch einfach einen angenehmen Montag.

❄️🌈💜💕💜🌈❄️

Alltags-Wahnsinn

Nostalgische Traurigkeit


Jassy

Hallo ihr Lieben,

ich kann nicht sagen, woher es kommt und warum jetzt und überhaupt. Ich hänge in nostalgischen Gedanken. Sie kamen einfach angeflogen. Sozusagen über Nacht. Und die war echt ziemlich kurz und aufgewacht bin ich mit allen Anzeichen, gestern etwas gegessen zu haben, was mir nicht so wirklich gut getan hat.
Nun ja, so what, ich war mutig und habe einfach probiert wonach mir war. Ganz ohne dabei so extrem über die Folgen nachzudenken. Nur als ich was von Süßungsmittel gelesen habe, da war ich vorsichtig. Denn so sehenden Auges in die Nesselsucht mag ich nicht gehen. Überhaupt mag ich diese Juckerei nicht wieder haben.
Zum Glück merke ich heute Morgen nur ein Flattern im Körper, ein Brennen im Hals und einen Hauch von Übelkeit.
Wird auch wieder vergehen.

Tja…… und dann ist da diese Nostalgie.
Erinnerung an lang vergangene Zeiten.
Auflodernde Melancholie.
Ein zartes Vermissen.

Lange vergangen.

Kürzlich habe ich im Ordner nach Unterlagen gesucht, da war der Text dabei, den sie mir damals in der Tierarztpraxis gaben, als wir uns verabschieden mussten……….
Ich habe ihn im Ordner abgeheftet.
Seit 26 Jahren.
Mein Gott, wie lange das schon her ist.
Und es fühlt sich noch immer an als wäre es gerade erst gewesen, dass ich sie unter meiner Jacke durch die Gegend gefahren habe.

Zwischen uns war ein Band was nichts zu durchtrennen vermochte.
Gar nichts.
Ich war ihr Mensch.
Schon als sie nicht mal die Augen öffnen konnte, um mich zu sehen.
Ich war die Seele mit der sie verbunden sein wollte.
Der Mensch zu dem sie sich dazugehörig fühlte.
Wir waren wie eins.

Jassy

Wenn sie litt, litt auch ich.
Wenn ich traurig war, war auch sie voller Kummer.

Manchmal tut es mir noch immer weh, sie im Stich gelassen zu haben, als ich mich retten musste.
Manchmal erzählt mir das Schuldgefühl, sie sei nur deshalb so schlimm krank geworden.

Zum Glück weiß ein anderer Teil meiner Seele, dass ihre Krankheit gar nichts mit mir und meinem Verhalten zu tun hatte und auch deren Verlauf nicht.

Es war eine einzige Zecke, die ihr Leben zerstört hat.
Es war ihr Schicksal, nur eine kurze Zeit in diesem Leben zu haben.

Und dennoch kann ich bis heute noch in Träumen manchmal ihre feuchte Nase auf meiner Haut fühlen.

Ich habe den Kummer nicht ausgehalten, als ich sie gehen lassen musste.
Es hat mich die langen Monate in denen sie litt so sehr zerrissen.
Und dennoch habe ich gehofft und gekämpft und sie aufopfernd gepflegt und umsorgt.
Aber es gab einfach keine Chance.

Und natürlich hatte ich Sorge, dass es wieder geschehen würde.
Ich hatte und habe Angst, dass die Geschichte sich wiederholen könnte.
Und ein Stückweit tut sie das auch gerade.
Wenn auch ganz anders.

Damals habe ich für mich gesorgt.
Ich war bei einer tollen Tierärztin, die uns einige Zeit schon durch die Krankheit begleitet hatte. Sie hat uns beiden die Zeit gegeben, die wir brauchten, um zu einer guten Entscheidung zu kommen. Um Abschied nehmen zu können. Um Antworten zu finden, wie es weitergehen sollte.

Jassy gehen zu lassen war unendlich schwer.
Sie leiden zu sehen wog am Ende noch viel schwerer.
Jede Bewegung, jeder Blick, jeder Ausdruck hat mich wissen lassen was sie braucht und will.
Ihre Zeit war gekommen und ich musste Abschied nehmen.
Und ich wusste, dass ich den Schmerz nicht aushalten würde.

Ich habe getan, was ich auch von vielen Menschen kenne, die in einer Beziehung „verlassen wurden“.
Ich habe die Annoncen in der Wochenendausgabe der Zeitung studiert und auf eine angerufen, wo Welpen zu vergeben waren.
Noch ehe wir uns endgültig verabschiedet haben.
Noch ehe es so schlimm werden konnte, dass es mich weggespült hätte.

Als Jassy ging, zog Mo ein.
Am selben Tag.
Wenige Stunden Abstand.

Und es war das Beste was mir zu dieser Zeit geschehen konnte.

Dieser quirlige Welpe brauchte meine komplette Aufmerksamkeit und die Trauer hatte so kaum Raum.

Mo brauchte mich.
Sie brauchte diese Verbindung.
Wollte mich als ihren Menschen.
Und sie hat sich in mein Herz gezaubert.

Mo

Noch immer wenn ich an sie denke (auch sie lebt schon seit fast 12 Jahren nicht mehr), sehe ich sie so wie auf dem Bild aus ihrer Welpenzeit auf mich zu rennen. Voller Energie und Lebensfreude.
Bis zum Schluss, als sie bereits todkrank war ist sie gerannt und hat getobt.
Immer der Frisbee hinterher und immer in meine Arme.

Zecken hatte sie einige.
Krank wurde sie jedoch dadurch zum Glück nie.

Dennoch musste ich auch mit ihr aushalten, dass sie litt und immer kränker wurde.
Ganz anders als Jassy zuvor.
Und trotzdem habe ich nicht weniger mit ihr gelitten.

Und dadurch, dass unser Band viel fester wachsen konnte, weil wir viel mehr Zeit hatten, fühlte es sich an, als würde mich der Abschied wegspülen.

Wenn ich heute an sie denke und dieser Kloß in meinem Hals zu fühlen ist und meine Augen sich mit Tränen füllen, dann erzählt mein Herz von einer Verbindung, die vermisst wird. Es erzählt von einer Liebe, die nie vergangen ist.

Ich war nur verantwortungsvoll genug, sie gerade aus liebendem Herzen heraus freizugeben, damit sie gehen konnte, als ihre Zeit gekommen war.

Und nun weiß ich auch, warum ich heute so nostalgisch bin………

Gestern Abend im Bad, es war schon 2 Uhr in der Nacht, kam meine Pepsi rein.
Zu einem Zeitpunkt zu dem sie sonst nicht unbedingt kommt. Also hatte ich noch nicht ihr Handtuch in die Badewanne gelegt.
Ich sagte, dass sie einen Moment warten muss, weil ich noch nicht so weit bin und das Handtuch noch nicht da ist. Und so wartete sie geduldig, als hätte sie jedes meiner Worte verstanden.

Es berührt mich, wenn ich unsere Bindung spüre.
Wenn ich erlebe, wie wir einander zuhören ohne die selbe Sprache zu sprechen.

Wenn ich fühle, dass da dieses vertrauensvolle Band ist, was uns unsichtbar miteinander verbindet.

Und dann mag ich nicht daran denken, dass auch unsere Zeit enden wird.

…..

Sorry, dass es heute so ein trauriges Thema ist…….
Auch das muss manchmal sein.
Auch Tränen brauchen ihren Raum.

Und Bindung ist ein Thema, was mich sehr beschäftigt.
Denn so gut mir das mit meinen Tieren gelungen ist, gelingt es mir mit Menschen keineswegs.

Menschen verschwinden, wenn sie bekommen haben was sie wollten.
Sie gehen, wenn sie erkennen, dass man nicht so toll ist.
Sie werden sauer und schimpfen, wenn sie feststellen, dass man ein eigener Mensch ist mit eigenen Bedürfnissen.
Sie zermatschen mein Herz, wenn ich zulasse sie zu lieben.

…….

Ich wünsche euch nun einen schönen Sonntag…….. und hoffe, meine Traurigkeit nimmt in euch nun nicht zu viel Raum ein.

🌈💜💕💜🌈

Alltags-Wahnsinn

Selbstmitleid


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Hallo und guten Morgen ihr Lieben,

mir geht wie so oft sehr vieles durch den Kopf und ich mag jedem nachgehen, während ich gleichzeitig dermaßen antriebslos bin, dass ich nicht mal meine Wäsche waschen oder aus dem Bett aufstehen mag. Nichts mag ich, wofür ich meinen Körper bewegen müsste.

Bleibe ich also bei den Gedanken in meinem Kopf.
Denen, die sich da chaotisch winden und tummeln.
Die Suche nach Informationen bezüglich dessen, was da mit meinen Ohren los ist bzw. deren Ursache, scheint ziemlich ins Leere zu laufen, weil diese Form der Schwerhörigkeit selbst für Google zu selten ist, als dass es eingehendere Informationen gäbe.
Ich sollte es lassen und erstmal all das tun, was mir aufgetragen wurde.
Einen Termin für ein MRT ausmachen und hoffen, dass ich Begleitung haben darf, denn bei einem MRT unter Kontrastmittel kann das schon sehr beängstigend werden. Zumal, wenn der Kopf in der Röhre sein muss. Der dann zudem auch noch recht fest eingespannt wird und die Augen nicht unbedingt geschlossen werden dürfen.
Und bei einem Hörgeräteakustiker brauche ich auch einen Termin.
Wenigstens versuchen sollte ich es, ob mir Hörgeräte helfen.
Denn auch das ist nicht wirklich klar.

Ja, und dann komme ich an den Punkt, der mir da im Kopf herumschwirrt…………

„Jammere nicht rum, du armes Opfer!“

Nein, so denke ich nicht von mir.
Ich denke, dass es für jeden Menschen schwierig ist, wenn ein Sinnesorgan auf Dauer geschädigt ist. Sind es zwei gleichzeitig, ist es umso schwieriger.

Selbst mein kleiner Neffe, der damals gerade glaube ich 12 Jahre alt war, wollte lieber tot sein, als ohne Augenlicht leben zu müssen.

Kein Mensch steckt das einfach so weg.

Und dennoch, wenn ich mich mit Schmerz und Kummer zeige, finden sich schnell Menschen ein, die mir vorwerfen, ein armes Opfer zu sein und mir selbst leid zu tun.

Irgendwo weiß mein Verstand, dass das Problem nicht in meiner Person liegt, sondern in ihrer eigenen. Weil sie offensichtlich meinen Schmerz nicht ertragen, so wie sie ihren eigenen mutmaßlich auch nicht ertragen können und wollen.

Ich habe immer jeden Schmerz runtergeschluckt.
Und ich tue das auch jetzt.

Selbst wenn ich hier so schreibe, dass Leid sichtbar wird.
Und sogar, wenn ich einem Menschen davon erzähle.

Man sieht es mir nicht an.
Man hört es meist nicht in meiner Stimme.

Und sobald ich auch nur erahne, dass der andere überfordert sein könnte, nehme ich einen Teil der Schwere zurück, in dem ich kundtue, dass ich das hinkriege und ja auch alles einen Vorteil haben kann.

Nur eines, das macht mich in all dem was ich mein ganzes Leben hindurch erlebt habe, immer sehr traurig.

Die Tatsache, dass es niemanden gibt und nie gab, der da sein mag, wenn mein Leben gerade ein Stück zerbricht.

Da ist kein Mensch, der meine Hand nimmt und bei mir ist. Auch nicht im übertragenen Sinn.
Es ist niemand da, der bleibt. Ganz gleich wie es werden wird.

Ich hatte geglaubt, dass es so einen Menschen geben könnte. Mein ganzes Leben habe ich danach gesucht.
Nach diesem Menschen, für den ich da sein mag. Bei dem ich nicht sein will, um zu geben oder zu bekommen, sondern einfach um mit ihm/ihr zu sein.
Nicht, um der Einsamkeit zu entkommen oder mein Leben nicht allein tragen zu müssen.

Wann immer ich versuche, das auszudrücken…………..
Erklärt mir der einzige Mensch, mit dem ich gerade wünschte sein zu dürfen, dass ich nur meiner Einsamkeit entfliehen wolle.

Und ich ziehe mich mit allem zurück und tue so als sei alles gut.
Ich komme schon klar.
Ich brauche deine Gesellschaft nicht und deine auch nicht.
Und auch niemanden, der meine Hand nimmt und mich wissen lässt, dass ich nicht alleine bin.

Und dann nehme ich die Kleine in mir fest in meine Arme und lasse sie wissen, dass ich sie lieb habe, auch wenn die ganze Welt das nicht versteht.

Doch tief in mir fühle ich den Schmerz, in dieser Welt von niemandem gemocht zu sein.

Nicht wenn ich Schmerz zeige.
Und auch nicht, wenn ich mich stark zeige.

Mich will einfach niemand in dieser Welt.
In diesem Leben.
Hier.
Nur wirklich kennen tut mich eben auch niemand außer mir.
So nah kommen sie mir erst gar nicht.
Weil sie mich ja bereits vorher verurteilen.

Ich wünsche ihnen dennoch jeden Tag aufs Neue einen guten Tag, einen Tag, der ihnen schöne Erlebnisse beschert und ihnen hilft sich wohl zu fühlen.

Auch heute wünsche ich euch einen solchen Tag.
Heute ist Samstag.
Wir haben Januar.
Im Jahr 2021.

🌈💜💕💜🌈

Alltags-Wahnsinn

Schlaflose Nächte


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Hallo und guten Morgen ihr Lieben,

einzig das Licht an meinem Tablet schimmert mir mehr oder weniger hell ins Gesicht. Ansonsten herrscht hier Dunkelheit im Raum.
Ich höre das Summen in meinen Ohren im Wettkampf mit dem Rauschen in den Heizungsrohren.
Eigentlich herrscht hier Stille.
Ich höre die Stille noch viel zu laut.

In der Nacht höre ich das Blut in meinen Adern pulsieren.
Ich fühle ein flatteriges Vibrieren in meinem Körper, was mich nicht einschlafen lässt.
In panischer Angst, mit großen Schmerzen aufzuwachen.

Aber gar nicht zu schlafen ist wohl auch nicht die Option.

In meinem Kopf türmen sich Gedanken auf.

„Kann man diese FFP2 Masken jetzt wirklich wieder in der Apotheke kaufen? Sie wären vielleicht zum Einkaufen gut. Wenigstens dafür. Sollten wir diese Höhle für Pepsi zu Weihnachten kaufen? Was ist mit dem Kopfhörer? Kaufen wir den? Obwohl der arschteuer ist? Aber der soll echt gut sein. Vielleicht hilft der uns dann. Aber das ist ja Quatsch. Ich soll mich ja nicht über eine Diagnose definieren. Ich brauche so Sachen nicht, die Autisten helfen. Bilde mir das eh bestimmt alles nur ein. Überhaupt habe ich ja nichts verdient. Ich bin ja keinen Deut besser als meine Mutter es war. Meine Mutter………….“

Es sammeln sich Tränen in der Mitte meines Bauches beim Gedanken an sie.

Ich sollte sie wohl hassen.
Für jeden Schlag an meinen Kopf.
Für jeden Tritt gegen meinen Körper.
Für jede Schramme, die der Gürtel hinterlassen hat.

Ich habe mir sagen lassen, dass sie sadistisch war.
Dass sie mich gefoltert und gequält hat.

Ich habe mir selbst gesagt, dass sie mich nicht geliebt hat.
Dass sie mich gehasst und verabscheut hat.

Und in mir weint das Kind nach der Mutter, die es geliebt hat.

Wut?
Ja, ich bin auch wütend.
Ich bin wütend, dass sie mir Schmerz zugefügt hat.
Ich bin wütend, dass sie mich nicht schützend in ihre Arme geschlossen hat.
Dass sie mir nicht geholfen hat, die Welt als einen Ort kennenzulernen, der schön sein kann.

Ich bin unendlich traurig, dass sie mir nicht vermitteln konnte, dass ich liebenswert bin.

Wenn ich mich suche, wenn ich versuche, die Bruchstücke meiner Identität zusammenzufügen, was ergibt sich dann für ein Bild?

Die Fratze eines sadistischen Menschen?
Die Maskerade einer leeren Hülle?

Ein abgrundtief trauriger, einsamer Mensch.

Tief in mir ein weinendes Herz.

Und was mache ich jetzt mit all den Gedanken?
Darf ich mir glauben?
Oder besser denen, die urteilen und verurteilen?

Gehen wir in den Tag.
Und nehmen die Gedanken einfach mit.
Bis zur nächsten schlaflosen Nacht.

Ich wünsche euch einen schönen Mittwoch.
🌈💜💕💜🌈

Alltags-Wahnsinn

Bindungen


ein Tag der endet

Hallo und guten Morgen ihr Lieben,

ich erinnere mich lebhaft an all diese Momente in denen mir nichts anvertraut wurde, weil ich ja nicht darauf aufpassen würde.
Ich bekam lange keinen Schlüssel für unsere Haustür, weil mir unterstellt wurde, ich würde ihn verlieren.
Ich bekam kein Geld, weil ich auch das verlieren würde.
Ich sollte kein Haustier haben, weil ich mich ja nicht gut kümmern würde.

Ich war also nicht verlässlich.
Ich war niemand, dem man anvertrauen sollte, was einem lieb und wichtig ist.

Ich trage seit rund 7 Jahren in meiner rechten Hosentasche einen Stein.
Er war immer in einem kleinen Beutelchen was ihn schützt.
Über die Jahre rieb sich der Stoff immer wieder durch und ich ersetzte das Säckchen durch ein anderes.
Aber der Stein war immer da.
Nur ausgesprochen selten trug ich ihn mal nicht bei mir.

Am Freitag war ich in großer Eile.
Ich war viel zu spät dran.
Hatte meine Sachen noch nicht im Rucksack verstaut, als ich eigentlich schon längst auf dem Weg hätte sein müssen.
Ging noch in Eile schnell auf’s Klo und flitzte anschließend die Treppe runter zum Auto.
Als ich am Ziel angekommen war und vor der Tür stand, fasste ich an meine Hosentasche.
Sie hatte sich hochgestülpt und der Stein war verschwunden.

Was ein Schreck.
Was ein Chaos an Gefühlen.
In meinem Kopf rasten die Gedanken kreuz und quer.

Ein Teil von mir erinnerte sich daran, wie wir früher geschimpft bekommen hätten.
Ein anderer wollte das ungeschehen machen.
Ein wieder anderer am besten so tun als wäre nichts.
Und irgendwer wollte sich am liebsten ins Nichts auflösen, damit das nicht erlebt werden muss.

Tja und wie sollte es auch anders sein, natürlich gab es auch die Stimme in mir, die erinnerte, dass die Welt davon nicht untergeht.

Die ist immer da, um mich runterzufahren.

Aber leider macht sie auch schnell die mundtot, die etwas empfinden, was nicht gefühlt werden mag.
Die, die runterschlucken und im Stillen leiden.

Ich war ziemlich sicher, dass es für mich so schlimm ist, weil es an die alten Geschichten erinnert. Und gerade mit diesem anvertrauten Stein wollte ich doch immer ganz besonders achtsam sein. Auf ihn wollte ich so gut achten wie auf sonst nichts. Es ist mir, als würde ich ein winziges Stück der Seele dieses so geliebten Menschen bei mir tragen, wenn ich diesen Stein bei mir habe.

Nun war er weg.
Und ich war ziemlich sicher, dass ich ihn nicht beim Umziehen in einer anderen Hose vergessen hatte.
Er muss rausgefallen sein.
Unbemerkt.
Mit Glück in der Wohnung.

Ich suchte alles ab.
Ich fand ihn nicht.

In mir war alles wie tot.
Benetzt von einem „Nicht wichtig“, damit nicht das Dahinter gefühlt wird.
Irgendwo in der Tiefe erahnte ich die sich anstauende Traurigkeit.
Diese Leere, die sich dumpf anfühlt.
Dieses „nie mehr“, was den Kopf senkt und die Schultern hängen lässt.

Ich wusste, eigentlich bin ich traurig.
Schlimm traurig.

Und enttäuscht.

Einen Moment nicht achtsam und dann ist es für immer anders……….

Bis ich später die Treppe runterging und meine Freundin auf etwas im Treppenhaus schaute. Mein Blick ging ihrem nach………..

Und da lag wirklich mein Stein.

Jemand muss ihn gefunden haben und hatte ihn oben auf den Infokasten gelegt.

Erleichterung……….
?

Nein, Erleichterung hatte wohl nur mein Kopf.

In meinem Herzen machte es einen Hüpfer vor Freude wie wenn ich ein tolles Geschenk bekommen hätte oder jemanden treffe, den ich ganz besonders mag.

Das Kind in mir hat den Stein vermisst so wie früher, wenn das liebste Kuscheltier nicht da war und nichts es hätte ersetzen können.

Weil ich mich an Dinge binde, die mir wichtig sind.
Weil ich Bindung zu Gegenständen eingehe.

Nur zu Menschen nicht so.

Im Fall mit dem Stein ist es anders.

Die Bindung besteht zu dem Menschen von dem ich ihn bekommen habe.
Nun, die wäre nicht weg, würde der Stein nicht mehr da sein.
Aber der Gegenstand, der in jeder noch so großen Not daran erinnert, dass dieser Mensch echt ist und in Gedanken ganz nah, der ist ungemein wichtig.
Daran halte ich mich fest.
Daran finde ich Beruhigung, wenn es sich anfühlt als würde sich der Boden auftun.

Ich habe gespürt, wie es wäre, der Stein würde wirklich nicht mehr da sein.

Und eines kann ich euch sagen.
Seit er weg war, prüfe ich ständig, ob er auch wirklich noch da ist.

Wie schön, dass ihn jemand für mich gefunden hat.

Nun wünsche ich euch einen entspannten Sonntag.
🌈💜💕💜🌈

Alltags-Wahnsinn · Therapieerfahrungen

wenn sich Vergangenheit und Gegenwart untrennbar vermischt zerrinnt die Zeit


Erst jetzt habe ich realisiert, wie lange hier nichts im Blog geschrieben wurde. Als der Absturz anfing, gab es noch den Gedanken daran, dass es vielleicht ein paar Tage, vielleicht auch zwei drei Wochen schwierig sein würde und man sich nicht mehr gut um alltägliches würde kümmern können. Unser Blog war da eigentlich doch eher noch ein Ventil, was doch wichtig wäre zu nutzen. Aber dann ging irgendwie so gar nichts mehr.

Und jetzt geht eigentlich auch noch längst nicht wieder wirklich was. Wir liegen noch immer von einer Lawine begraben irgendwo unter Geröll. Nur inzwischen gibt es sowas wie ein Luftloch, was wenigstens atmen möglich macht. Wir schaufeln uns mühsam frei. Doch immer mal wieder rutscht wieder etwas nach und wir verlieren für einen Moment die Hoffnung.

An manchen Tagen bricht die innere Kommunikation vollständig zusammen. Dann wieder switchen wir sozusagen im Minutentakt und bei der Frage danach, wer denn gerade vorne sei, rattert der Kopf auf der Suche nach der Antwort darauf, wer denn nun sprechen wird, wenn da Worte aus dem Mund kommen.

Dieser Absturz hatte einen langen Vorlauf, eine lange Zeit in der er sich ankündigte. Es gab große Verunsicherung darüber ob und wie die Therapie weitergehen würde. Wir wussten nicht, ob uns die Kostenübernahme weiterhin zugesagt würde und in welchem Umfang das sein würde. Wir wussten nichts. Alles was klar war, war die immer wieder gleichlautende Zusage unserer Therapeutin, dass wir einen Weg finden werden, dass es weitergeht. Wir haben das auch geschafft und es gibt eine Zusage. Es gibt Veränderungen die uns verunsichern. In unserem Kopf gibt es Lösungen, wie sich alles wieder verbessern könnte. Doch wir scheitern immer wieder daran, dass unsere Therapeutin scheinbar darin verbissen ist, dass alles nur so sein kann wie sie es versteht.
Und irgendwann ist es zu einem Kampf geworden.

Es hat sich alles vermischt. Wir haben gekämpft um sie, um ihre Liebe, um ihre Aufmerksamkeit, darum gesehen und angenommen zu werden. Und mit jedem winzigen Hinweis, der bedeuten könnte, dass sie uns nicht wollen könnte, fielen wir mehr und mehr zurück in den alten Kampf den wir schon früher und immer wieder geführt haben. Grenzen die sie gesetzt hat wurden zu persönlichen Zurückweisungen. Die Sicherheit, dass sie uns nicht rausgehen lassen würde, wenn wir nicht sortiert genug sind, um vor der Tür gut zurechtzukommen, zerfloss mit der zeitlichen Begrenzung des Kostenträgers. In unserem Bauch wurde daraus die Gewissheit, dass die Therapeutin uns nicht will. Wir sind ihr egal, nicht wichtig, nur lästig, stehlen ihr nur die Zeit.
Und dann ist alles gekippt. Plötzlich wurde aus dem Kampf um sie ein Kampf gegen sie. Wenn sie uns nicht will, dann soll sie uns wenigstens richtig ablehnen. Wir schlugen voll ins Gegenteil. Plötzlich wurde an allen Fronten darum gekämpft, dass sie wütend wird, damit wir Angst bekommen und dann alles eskalieren kann. Das ist ein so gut antrainiertes Verhalten, es hat immer so perfekt funktioniert. Und diesmal hätte es auch fast geklappt.
Es hätte fast………… aber es hat nicht. Wir sind noch immer da. Und sie ist auch noch immer da. Und wir kämpfen noch immer, im Wechsel um und gegen sie. Und eigentlich alles gleichzeitig. Wir haben teilweise Angst davor, abgeschoben und aufgegeben zu werden. Gleichzeitig fühlt sich dieses therapeutische Verhältnis so schlimm und unaushaltbar an.

Viele von uns hatten geglaubt, dass unsere Therapeutin uns ganz wirklich als Mensch mag. Und plötzlich wird ganz deutlich, dass sie nur ihren Job macht. Es wird so klar, dass da alles nur in unserem Kopf zu geschehen scheint. Wir haben uns so sehr gewünscht, angenommen zu werden von einem Menschen. Und jetzt erscheint es doch so, als hätten die Skeptiker recht, die immer wieder betont haben, dass sie nur ihr Geld mit uns verdient. Sie mag uns als Fall, als Klientin, als jemand der für ihre Arbeit interessant ist. Als Mensch in ihrem wirklichen Leben außerhalb der Praxis sind wir lästig und unerwünscht.
Es tut entsetzlich weh, wenn diese Gedanken zur scheinbaren Gewissheit werden. Doch es ist nur eine scheinbare Gewissheit, denn wir wissen einfach so gar nicht mehr, was jetzt wirklich ist und was nicht.

Gestern war einer dieser blöden Tage im Jahr. Es war unser Geburtstag. Er ist schlimm, in jedem Jahr und für jeden auf andere Weise. Wir pendeln in jedem Jahr aufs Neue zwischen aushalten, ertragen und flüchten. Diesmal haben wir uns für die Flucht entschieden. Wir hauen einfach ab an einen Ort, an dem wir gerne sind. Wir sind nicht zuhause, nicht für jeden erreichbar und können einen angenehmen Tag verbringen. Soweit die Theorie.
Blöd nur, dass es da auch die andere Seite gibt. Es gibt die Traurigkeit und den tiefen Schmerz darüber, dass wir diesen Tag niemals wirklich mit Menschen verbringen konnten, die dagewesen wären, weil sie gerne mit uns zusammen sind und weil wir uns irgendwie gut tun. Es hat diese Menschen einfach nie gegeben. Und das tut unendlich weh.
Dann gab es diese Hoffnung, dass nur wenigstens ein winzig kleiner Gruß von unserer Therapeutin käme. Nur ein kleines Zeichen, dass sie uns wirklich gern hat. Als wir am Abend nach Hause zurückkamen, und das Telefon blinkte, wurde diese Hoffnung so ganz groß. Und das Chaos und die Enttäuschung umso größer, als man feststellte, dass die Eltern noch immer keine Ruhe geben und der Mensch, der so wichtig ist, sich gar nicht gemeldet hat. Da hat es nichts genutzt, immer wieder klarzumachen, dass sie sich nicht melden wird. Diese Hoffnung, der Wunsch, die Sehnsucht danach ist so unrealistisch, wie es auch schon immer unrealistisch war, irgendwann einen Menschen zu finden, der die Mutter ersetzen würde und an dem wir nachwachsen könnten. Den Bauch interessiert das Geschwätz vom Kopf nicht.

Und dann gibt es da noch so eine Sache, die hier nicht so richtig verstanden wird. Warum nur gratulieren einem über Netzwerke Leute die sonst nie mit einem kommunizieren zum Geburtstag? Warum machen die das? Ist das so normal? Ist das so eine Verhaltensregel im sozialen Miteinander, die wir nicht verstanden haben? Sind wir blöd und unfreundlich, weil wir das nicht machen? Und sind wir deshalb eh selbst schuld, dass man uns nicht mögen kann? Und warum nur muss man sich immer wieder für etwas bedanken was man nicht mag oder um das man nicht gebeten hat und was man vielleicht nicht mal haben möchte? Aber wenn man das nicht macht, dann ist man ja unfreundlich und undankbar. Dann sind wir nicht liebenswert.

Und noch immer scheint sich so vieles zu vermischen und die Zeit vergeht, ohne dass wir sie greifen könnten.

Alltags-Wahnsinn

an Tagen wie diesen …………………


……………… da möchte ich mich gerne in Luft auflösen und im Universum verschwinden, damit niemand weiß, dass es mich gibt und ich niemandem gerecht werden muss. Es sind diese Tage, die ich nicht mehr mochte, seit ich verstanden habe, dass ich nach den Regeln anderer funktionieren muss.
Weihnachten, Geburtstage in der Familie, mein Geburtstag, Hochzeitstag der Eltern, Gäste die einfach aus beliebigen Gründen kamen um etwas zu feiern. Und heute eben Muttertag.

Ein Ehrentag für die Mutter, ein Tag an dem man ihr danken sollte. Doch für was eigentlich? Soll ich ihr dafür danken, dass sie mich gezeugt und neun Monate in ihrem Bauch genährt und geboren hat? Das wäre vielleicht etwas, wofür ich dankbar sein könnte. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Denn dafür kommt viel zu oft der Wunsch danach, nie geboren worden zu sein. Und doch wäre es das Einzige was sie für mich getan hat, wofür ich dankbar sein könnte.
Immer schon sollte ich dankbar sein. Und niemals konnte ich es fühlen. Wie sollte sich das denn eigentlich anfühlen, wenn man um etwas dankbar ist? Ich fühlte immer nur diesen seltsamen Krampf im Bauch und einen Kloß im Hals, den ich mühsam mit dem Aussprechen des Wortes „Danke“ hinunterwürgte.

Sollte ich ernsthaft dankbar darum sein, dass sie mich in die Welt gesetzt und mich meinem Schicksal überlassen hat? Sollte ich ihr dafür danken, dass sie mich verprügelt und angeschrien hat? Oder dafür, dass sie mich vor Freunden gedemütigt hat? Oh ja und ganz sicher dafür, dass sie mich in der Nacht geweckt hat, um mir ihre Finger unter die Nase zu halten, damit der Geruch mich wieder und wieder daran erinnert, dass ich beschmutzt bin. Und dafür, dass ich noch heute den Schmerz spüren kann, den die Ringe an ihren Fingern mit jedem Schlag hinterließen. Und dafür, dass sie mich wie eine Ware verkauft hat, um sich ihre Sucht zu finanzieren. Und ich sollte ihr dafür danken, dass sie die Rollen vertauscht und mir so viel Verantwortung aufgebürdet hat für Dinge gegen die ein Kind machtlos ist. Ich sollte dankbar dafür sein, dass sie auf mich eingeprügelt hat wenn ihr was quergegangen ist. Und auch dafür, dass sie mich schutzlos ausgeliefert hat. Es gibt so vieles was sie getan hat, wofür ich dankbar sein sollte. Nicht nur als ich Kind war. Auch in den letzten Jahren hat sie so nette Sachen gemacht. Als Joschy sich leise von mir verabschiedet hat, da hat sie kein Wort darüber gesprochen, mich niemals tröstend in den Arm genommen. Sie hat uns besucht und sich bedienen lassen, drei Tage nachdem ich ihn verloren hatte. Sie hat mir von Verletzungen erzählt, die sie hatte, mit dem Gebot, darüber zu schweigen, um später bei den Geschwistern als Idiot dazustehen. Sie hat mich in tiefste Schuldgefühle gebracht, wenn sie in Gefahr kam und ich es hätte ahnen können. Doch ich sollte dankbar dafür sein, dass es sie gibt.

So habe ich Dankbarkeit als Kind gelernt. Fein für alles danken was du bekommst, auch dann wenn du es nicht haben willst und es dir auch nicht gefällt. Ja, selbst dann wenn es dir schadet. Für irgendwas wird es schon gut sein.

Und vor wenigen Tagen gab es einen Moment, in dem ich zum ersten Mal in meinem Leben wirkliche ganz tiefe Dankbarkeit empfunden habe. Ganz tief in mir gibt es ein Wissen darum, wann es richtig ist, dankbar zu sein.

Für Mütter gibt es einen Tag, einen besonderen, der nur ihnen gehören sollte.

Für Herzmenschen braucht es keine besonderen Tage, denn jeder Moment mit ihnen ist der kostbarste und wertvollste. Wenn ich fühlen kann, dass mich jemand gern hat, einfach weil ich bin wie ich bin. Einfach so, ohne irgendwas dafür tun zu müssen. Wenn ich in einem winzigen Moment zulassen kann, dieses Gefühl zu spüren. Dann ist da ganz tiefe Dankbarkeit die in mir hochkriecht. Und wenn meine Lippen ein „Danke“ formen, dann weiß ich, dass es endlich ehrlich ist.

Heute Morgen hat die Liebste die Kerze für unseren Joschy zum Frühstück angemacht. Ja, auch ich wäre eine Mutter, fast 1 ½ wäre er jetzt. Doch es waren nur wenige Wochen, die ich wissen durfte, dass es ihn gibt. Und wenn es noch immer auch so sehr schmerzt, dass ich ihn nie in meinem Arm halten durfte, ihm nie eine schöne Welt zeigen durfte, so bin ich auch unendlich dankbar über diese kurze Zeit in der ich um ihn wusste und fühlen konnte, dass er da ist.

An Tagen wie diesen fühle ich mich wurzellos, haltlos, heimatlos in eine Welt geschüttet, in der ich nicht weiß wo mein Platz sein sollte.

Und in weiter Ferne sitzt eine Familie und zerreißt sich ihr Maul darüber, welch missratene Tochter ich bin. Und ich halte dem Druck einmal mehr Stand und gebe kein einziges Zeichen von mir.

Ich will nicht mehr nach IHREN Regeln funktionieren. Heute will ich MEINE eigenen Regeln befolgen!

Alltags-Wahnsinn

Tage und Daten ………… oder ………… darf es mir trotzdem mal gut gehen?


Worte waren in den vergangenen Tagen irgendwie verschluckt, kaum noch zu finden. Zumindest keine Worte für das, was uns betrifft, für das was in uns geschieht. Ist grad ein ziemliches Durcheinander. Zu viele Baustellen gleichzeitig, und alles immer irgendwie auch gleichwichtig. Und obendrein scheint die Kommunikation untereinander grade auch kaum zu funktionieren. Ach egal, wird schon irgendwie.

Ja, ganz genauso haben viele von uns in den letzten Wochen gedacht. Wir wussten ganz genau, dass die Zeit weiterläuft. Wir wussten, dass diese Tage kommen werden, und es war auch eigentlich klar, dass es schwierig werden würde. Wir kennen die Daten und Tage, an denen wir überflutet und außer Kontrolle gesetzt werden. Trotzdem haben wir der Thera kein Wort darüber gesagt. Wird doch schon irgendwie. Und dann kam es doch raus. Viel zu spät, um grundlegend für Sicherheit zu sorgen. Und sie war ärgerlich. Ja, war sie, weil wir nicht früher etwas gesagt haben, weil nun nur noch so wenig Zeit ist. Wir haben am Telefon gehört wie ihre Stimme diesen bestimmten Tonfall bekommen hat. Innerlich wurden Hände schützend über Köpfe gelegt und Fluchtwege vorbereitet. Schon mal Nebel auf Standby geschaltet, falls er nötig wird. Wagen ein vorsichtiges Nachfragen, ob sie jetzt ärgerlich ist. Bestätigung, innere Panik. Aber sie hat das gemerkt, hat erklärt, was sie ärgert, hat gefragt, warum wir nicht schon früher was gesagt haben, hat zugehört und verstanden. Trotzdem blieb natürlich die Angst vor dem nächsten Treffen. Alle Sinne waren auch da darauf geschärft, sich schnell in Sicherheit zu bringen. Jedes Muskelzucken, jede noch so kleine Veränderung in den Gesichtszügen, winzige Änderungen der Tonlage, alles wurde kritisch beobachtet. Bis irgendwann doch wieder gespürt werden konnte, dass keine reale Gefahr droht.

Tage und Daten………………… Wir wissen ja, dass es diese Tage gibt und diese Daten. Nur ist es auch immer so wunderbar leicht, sie zu verdrängen, so lange bis sie dann anklopfen und wir sie nicht mehr einfach wegschieben können. Und dumm wie wir sind haben wir geglaubt, dass es nur Tage und Daten gibt, die mit dem Kult verbunden sind. Das letzte Wochenende hat deutlich gemacht, dass es auch andere Tage und Daten gibt, die Gefühle auslösen, Gefühle ohne Bilder. Und dann begeben wir uns auf Spurensuche.

Seit Freitag begrüßte mich an jedem Morgen mit einem übermäßig breiten Grinsen die Traurigkeit wenn ich das Bad betrat. Anfangs war ich sicher, dass es mit den nahenden Ostertagen zusammenhängt. Doch gestern als mich die Traurigkeit plötzlich anfiel während ich gerade das Shampoo auf dem Kopf verteilte, habe ich mal wirklich hingespürt, was das ist. Hätte sie eine Stimme, sie hätte gewimmert „Joschy oh Joschy, er lebt nicht mehr, er ist nicht mehr da“. Was bin ich dumm zu glauben, dass mein Herz ein Datum interessiert. Wie naiv bin ich doch zu denken, wenn es der 19. April war, dann ist auch nur die Zeit um diesen Tag schlimm. Nein, meine Seele lehrt es mich gerade. Ihr ist das Datum egal. Es war am Donnerstag eine Woche vor Ostern, als ich vor zwei Jahren erfuhr, dass unser Würmchen keinen Herzschlag mehr hat. Es war am Dienstag vor Ostern, als ich im Krankenhaus war und unser Traum vom eigenen Kind endgültig ohne Wiederkehr zerbrach. Die Sonne schien wie auch heute, als wir vor zwei Jahren in der Klinik saßen, auf die Voruntersuchung wartend. Das Herz interessiert es nicht ob wir heute den 25. März haben oder den 19. April., es ist nicht wichtig. Es ist die Woche vor Ostern, die Sonne scheint, im Garten wacht die Natur auf.

Dabei gibt es doch auch ein anderes einschneidendes Ereignis am Dienstag vor Ostern. Es war auch ein Dienstag vor Ostern, als ich vor 19 Jahren aus dem Elternhaus abgehauen und nicht wieder zurückgekehrt bin. Doch damals war eine andere Zeit. Damals war kein Wissen darum Viele zu sein und kein Wissen um eine Kultvergangenheit. Ostern war wie alles andere.

Jetzt ist es eine Zeit, der ich nur noch entfliehen möchte.

Doch …………… darf es mir trotzdem mal gut gehen?

Es war ein sehr schwieriges Wochenende. Der Samstag war ein einziges Tränenmeer, in dem der Sonntag gar nicht mehr existierte. Aber irgendwie haben wir den Samstag überlebt. Und gestern, beim Aufwachen war es völlig unvorstellbar, am Abend Spaß haben zu können. Denn am Abend wollten wir zu einer Veranstaltung, wir hatten der Liebsten die Karte zum Geburtstag geschenkt, natürlich nicht ahnend, dass es bei uns gerade dann so schlimm sein würde. Und zu allem Übel gesellte sich dann im Laufe des Tages auch noch DER MANN MIT DEM HAMMER zu uns. Hatten wir doch kürzlich noch darüber geschrieben, wie problemlos es doch für uns sei, wenn wir die Thera außerhalb der Praxis in der Freizeit sehen sollten. Nein, nein, gestern führte die Angst davor, sie könnte ganz zufällig dort auf der selben Veranstaltung sein, zu richtigen Horrorvorstellungen. Die Liebste gab dem ganzen noch Feuer, in dem sie in die Phantasie pflanzte, sie würde gar neben vor oder hinter uns sitzen (ähm, eigentlich stehen, aber das war da noch nicht so ganz klar). Die Vorstellung ging ja gar nicht. Und ganz klar, das hatte nichts damit zu tun, dass wir sie nicht gerne gesehen hätten. Wir hätten nichts mehr gewollt, als sie zu sehen! Aber, wie sollte das gehen, wie sollten wir denn in ihrer Gegenwart Spaß haben, ausgelassen sein, weil es verlangt wird. Wo wir doch gerade bei ihr ehrliche Gefühle zeigen. Ja es war nicht mal denkbar, dass es möglich sein könnte, ganz ehrlich Spaß zu haben, ohne Maske.

Es war ein irregeiler Abend, so genial, so toll. Keine Worte. Und wir haben sie dort nicht gesehen, sicherlich auch gut so. Obwohl, sie hätte uns eben auch mal anders, ganz anders erleben können. Wir haben das noch nie so gekonnt wie gestern. In dem Saal hat eine einzige Sache gewaltig gestört ……………… die Sitzplätze. Die Reihen dazwischen waren einfach sehr beengt, um dort frei tanzen zu können. Und trotzdem haben wir getanzt und laut gesungen, und das wo der Saal so voll war und uns alle sehen konnten, besonders wenn die Scheinwerfer uns immer mal wieder voll angestrahlt haben. Wir hatten einfach nur Spaß. Eine Begebenheit hat allerdings etwas zum Nachdenken gebracht. Als Pause war, bin ich relativ direkt zur Theke gegangen, damit man nicht so lange auf Getränke warten muss. Direkt vor mir zwei Frauen. Ich hatte sie im Saal schon gesehen, weil sie dort am Rand zusammen getanzt hatten. Mich hatte das etwas wehmütig sein lassen. Wollte ich doch schon so lange so unbedingt wieder mal auf eine Frauenparty gehen. Nun standen sie also vor mir am Tresen. Und die eine schaut mich mit so einem grinsenden Wissen direkt an. Die Maschinerie im Innern setzt sofort ein. Kennt die uns? Sehen wir so deutlich lesbisch aus? Weiß die wer wir sind? Irre. Als wir es später der Liebsten erzählen, wirkt sie enttäuscht, es nicht gesehen zu haben. In mir kommt eher Sorge auf, wie ich damit nur umgehen sollte, ginge ich auf eine solche Party und bekäme diese Blicke. Damit kann ich doch gar nicht umgehen! Aber wird schon irgendwie. 😉

Zumindest bin ich lange nicht mehr so ausgeglichen und müde im Bett gelandet. Und zu meinem Erstaunen tun mir weder Rücken noch Beine bisher weh und das Kratzen der Stimme hält sich auch noch recht in Grenzen. Nur die Hand tut sehr weh, aber schon ein paar Tage, ohne zu wissen was da passiert ist.

Und zu meiner großen Verwunderung habe ich nicht mal das Gefühl, es wäre irgendetwas an diesem Abend nicht okay gewesen. Nein, gar nicht. Ich würde den am liebsten gleich und sofort wiederholen wollen. Wäre da nicht die Unkenntnis darüber, wo es solche Partys gibt die dann auch zu mir und uns passen könnten. Und wäre da nicht leider die Schüchternheit, die es unmöglich macht, unter viele Menschen zu gehen, ohne jemanden zu kennen. Ist nur blöd, weil man ja auch nicht wirklich wen kennen lernt, wenn man nirgends hingeht.

Alltags-Wahnsinn · Therapieerfahrungen

War’s das nun??????


Keine Ahnung, was da grade so bei uns abgeht. Ziemliches Chaos, so scheint es zumindest. Wir sind wohl gerade auf dem besten Weg die Therapie abzubrechen, oder wenigstens dafür zu sorgen, dass die Thera uns nicht mehr will. Schlimm ist das, was hier grade abgeht. Fühle mich wie in einem Orkan, der einen hin- und herwirft. Und dabei kann ich nicht mal sicher sagen, wer in alldem ich bin und wer nicht. Ich weiß nicht mehr, wann einer der anderen was gesagt hat und ich nur alles mitbekommen habe und wann ich es war, die etwas gesagt hat, was nicht hätte gesagt werden dürfen. Ich bekomme dann so ein Gefühl, als würde alles an mir vorbeirauschen, bin dann nicht richtig da und doch spricht der Mund Worte die so gar nicht zu dem passen was noch Minuten zuvor gesagt wurde.

Es war ein schlimmes Telefonat gestern mit der Thera. Es ist krass, wenn alles auf eine Karte gesetzt wird und es völlig egal ist, ob die Therapie weitergeht oder nicht. Dann wirkt es wohl nach außen so, als wollten wir auf keinen Fall, dass es weitergeht, gar nicht. Und dabei sieht es innen überhaupt nicht so aus. Da ist so viel Verzweiflung und Traurigkeit, weil wir nicht mehr wissen, wie wir erklären könnten was gerade so schlimm ist. Weil wir einfach keine Idee mehr haben, wie es wieder aufhören kann. Alles ist durcheinander geraten. Sicherlich war es nie die Absicht der Thera, uns so abstürzen zu lassen. Nun ist das aber passiert. Und ich wollte ihr so sehr zeigen, dass ich es schaffe, dass ich den Kreislauf durchbrechen und alles wieder okay sein kann. Und dann habe ich wieder nur Haltlosigkeit und Einsamkeit gefühlt. Habe mich abgeschoben und ungeliebt gefühlt. Und alles hat sich mit früher vermischt. Gestern am Telefon war das wie ein Déjà-vu. Plötzlich aus dem Nichts wird alles dafür getan, dass es vorbei ist. So sehr, bis wir erreichen, dass der andere uns nicht mehr will. Nur um erneut die Erfahrung zu machen, abgelehnt zu werden, unerträglich zu sein, ungewollt und alleingelassen. Und natürlich provoziert das, und natürlich folgen dem Worte des Anderen, die verletzen und noch mehr Angst machen. Nachdem sich bemüht worden war, so sehr glaubhaft wie möglich zu verkünden, dass keine weiteren Termine gewollt sind. Und sie trotzdem erwartet hat, dass wir uns zum nächsten Telefontermin wie verabredet melden. Folgte dem die Nachfrage, was wäre, wenn wir es nicht machen. Dann gibt es keine verlässliche Zusammenarbeit mehr. Dann haben wir es geschafft. Dann will sie uns nicht mehr. Es braucht also nur noch einen Funken. Und wirklich hat es gestern in diesem Moment einen Teil gegeben, der darüber triumphiert hat. Aber es gab auch den viel größeren Teil, der innerlich zusammengebrochen ist und nur noch geweint hat. Sie hat uns nicht gern. Sie ist genervt von uns. Will uns nicht. Erträgt uns nicht mehr. Sie hält nur noch die Fassade aufrecht, und dahinter ist sie froh, wenn sie uns nicht mehr ertragen muss. Dabei strampeln wir doch nur so sehr im  scheinbaren Leerlauf, weil da kein Halt zu spüren ist, weil wir genau das befürchten, was gerade einzutreten scheint. Und sie bekommt nicht mal mit, dass hier so vieles durcheinandergeht. Denkt, dass alles ich bin, ohne erspüren zu können, wie sehr ich mich selbst all dem ausgeliefert fühle. Ich fürchte, sie will es nicht mehr verstehen. Und es gibt keine Worte mehr mit denen ich erklären könnte.

Selbst die Diskussion darum, ob sie einen Beschluss zu erwirken hat oder nicht, nimmt Formen an, die unerträglich sind. Hatte ich sie noch vor Wochen inständig gebeten, doch bitte im Krisenfall mit mir darüber zu sprechen, ob es sinnvoll sein könnte, freiwillig in die Klinik zu gehen, hat sie gestern einfach gedroht, den Amtsarzt anzurufen. So eine deutliche Ansage, so ernst, so endgültig, so über alles hinweg, dass wir in die Ecke gedrängt reagiert haben. „Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass der uns einweisen würde. Bis der mit uns spricht, ist längst einer da, der gut drauf ist.“ So etwas in der Art wurde gesagt. Sehr verletzend, und genauso in die Ecke drängend. So wie ich als Kind irgendwann aus der lähmenden Angst wenn die Mutter mit Heim gedroht hat, hervorgetreten bin und gekontert habe, dass sie es doch endlich machen solle, damit es mir besser ginge. Genauso war es gestern. Und direkt danach wurde wieder geswitcht, um dann zu zeigen, wie sehr doch alles okay ist. Klare Antworten auf klare Fragen, die doch so gedeutet wurden wie es gebraucht wurde. Als die Sprache auf den nächsten Termin kam, wieder geswitcht und wieder auf Abwehr. Nein, wir wollen keine Termine mehr. Es tut eh nur noch weh. Wir sollen ihr sagen, was wir noch an Skills heute machen können, wenigstens eine Sache die nicht selbstschädigend ist. Blick auf die Liste, aussuchen von Unverfänglichem. Essen, schlafen. Das reicht nicht. Blick auf die andere Spalte, die in der Hilfe durch andere steht. Wieder ein Wechsel, Tränen schießen hoch. Sie will eine Antwort. Sie anrufen, Therapietermin, das steht da, aber das dürfen wir ja nicht, das geht ja nicht, darf nicht sein. Sollen uns ja an andere wenden wenn wir in der Krise sind. Tränen über Tränen über Tränen. Wir bekommen einen Zusatztermin. Und sind gleichzeitig erschrocken darüber, dass wirklich um einen Termin mit ihr gebeten wurde. Wollen wir wirklich zu ihr fahren, um zu spüren wie sie wütend auf uns ist und in der Falle zu sitzen? Wird es das dann heute sein, werden wir alles abbrechen? Die wohl größte Chance auf Veränderung zerstören, weil die Angst vor dem inneren Schmerz zu groß ist? Werden wir den Kontakt abbrechen, um nicht mehr zu ertragen wie die Haltlosigkeit immer stärker zu spüren ist und der Mensch, der uns in den letzten Monaten Halt gegeben hat, distanziert bleibt und doch behauptet da zu sein?

Innerlich fühlt es sich an wie sterben. Und ich weiß nicht, was geschehen wird, wenn wir dort sind. Ich weiß nicht, wer dort sprechen wird, ob Tränen gezeigt werden oder Stärke und Entschiedenheit. Ob sie erkennen wird, was geschieht? Ob sie hinter die Fassade der gezeigten Wut sehen und dort die tiefe Verzweiflung sehen kann?

Oder ob es das dann war und wir sie nie mehr sehen werden?

Wie nur sollen wir diesen Schmerz ertragen???????

Alltags-Wahnsinn · Therapieerfahrungen

Tretminenchaos


Erst jetzt wird mir so richtig bewusst, dass mein letzter Artikel hier schon fast eine Woche her ist. Überhaupt kommt mir die vergangene Woche recht komisch und irgendwie unwirklich, weit weg und seltsam vor. Manches erscheint mir total irreal.

Als ich diesen letzten Artikel geschrieben habe, war ich noch so optimistisch, meine Hand rausgestreckt zu haben aus dem Loch und alles würde gut werden. Dabei befand ich mich schon in dem Moment auf dem Weg in das nächste „Loch“. Nein, ein wirkliches „Loch“ war das nicht. Eher sowas wie eine Sammlung von Sprengstoff, der bei kleinster Berührung hochgehen würde. Eine Mischung „alter Filme“, „alter Gefühle“ und Programme die sich gegenseitig auslösen und aufrechterhalten. Es hat mich einfach verschluckt. Am Samstag fing alles an. Es waren nur Irritationen, Gefühle, die nicht einzuordnen waren, Angst Gefühle zu haben, die nicht sein dürfen. Und schnell wurde daraus Panik und Ausweglosigkeit. Wieder InMichSein, wieder ganz zurückziehen. Zu viel Scham, zu viel Angst, zu viel Traurigkeit. Einfach von allem mehr als ich meinte aushalten zu können.

Trotzdem hatte ich es irgendwie am Montag in der Therapiestunde geschafft mit ihr über all das zu reden. Irgendwie war es möglich aus meinem Panzer herauszukommen und da zu sein. Und dann eine völlig harmlose Frage, das Schamgefühl kocht sowas von über und ich sitze wieder voll drinne. Und dann ging irgendwie gar nichts mehr. Die Spirale drehte sich immer schneller und die Ausweglosigkeit wurde immer heftiger. Eigentlich war nur noch InMichSein und „ich weiß gar nicht mehr ob ich leben will“. Und in all dem fielen dann Worte wie „ich stehe jetzt auf und gehe zum Telefon“, „das geht so nicht“, „dann müssen Sie in die Klinik“. Der nächste Sprengsatz ging in die Luft, die nächsten Explosionen. Sie will mich nicht mehr, ich bin zu viel, ich bin nicht okay, bin anstrengend, nicht tragbar, muss weggesperrt werden, darf nicht sein. Worte ziehen vorüber und können nicht mehr gehört werden. Sitze in der Falle. Nur noch ein Gedanke im Kopf „ich muss hier raus“. Fünfmal fragen, ob ich bitte jetzt gehen darf. Nein, ich darf nicht. Erst soll ich versprechen, dass ich kämpfe. Erst soll ich zusagen, dass wir uns zum nächsten Kontakt auch hören werden. Es braucht eine Weile, bis ich sie überzeugen kann. Bis sie meiner Lüge glaubt. Dabei wollte ich nie lügen, nicht bei ihr, nicht ihr ins Gesicht. Wollte ihr kein Versprechen geben ohne es ehrlich zu meinen. Aber die Angst vor Fremdkontrolle war viel zu groß. Als ich die Praxis verließ war ich fest entschlossen, sie nicht wieder zu sehen. Zu sehr war ich davon überzeugt, keine andere Wahl zu haben als den Tod.

Zwei Stunden später am Telefon konnte ich auf ihre Frage, ob es ehrlich war oder ich eigentlich nur weg wollte, nicht mehr lügen. Schlimm war das Gefühl, sie belogen zu haben, schlimm war es, ihr zu sagen, dass sie mir nicht glauben darf, dass sie mir nicht vertrauen darf. Aber es war auch schlimm, von ihr zu hören, dass sie mich loswerden will, mich nicht mehr erträgt. Ja, in dieser Zeit war ich sicher, dass sie das gesagt und gemeint hat. Ich war sicher, dass ich zu viel bin und abgeschoben werden muss, damit sie wieder Ruhe hat.

Am nächsten Tag der nächste Telefontermin, nein, es waren sogar zwei. Nur zwei, wo es am Wochenende sogar drei waren. Ich weiß nicht wirklich viel von dem ersten Telefonat. Denn irgendwann war ich plötzlich weg, verschluckt und etwa eine Stunde später wieder ausgespuckt. Und wieder erfahre ich nicht wirklich, wer die Zeit geklaut hat und was geredet wurde. Es ging darum was jetzt helfen kann, das war alles was ich erfahren habe. Später ein paar Inhalte mehr, aber nichts konkretes. Na toll, da sitzt also ein Männchen in meinem Kopf was Auskunft darüber gibt, wie die Thera helfen kann. Ich kenne das Männchen nicht, kann auch nicht mit ihm reden, aber es weiß alles über mein Leben und erzählt das mal eben so ohne meine Zustimmung. Also totale Kontrolle von allen Seiten. Da hab ich doch gar keine Wahl mehr. Und der alte Film ratterte noch immer. Und dann knallen die Worte der Thera voll rein in den Film. Sie hat Angst um uns, sie will dass wir leben, weil sie uns gern hat. Von innen sagt einer etwas wie, sie wäre ihr ganzes Leben lang traurig, wenn wir nicht mehr da wären. Sie packt mich mit den Worten und katapultiert mich raus aus dem Loch. Ein riesiger See an „das tut mir so leid“ und „ich will nicht, dass sie traurig ist“ und „ich hab sie doch so lieb“ füllt sich in Minuten. Aber ich war raus aus dem Loch.

Und ich saß in der alten Sehnsuchtsfalle.  Na die kenne ich ja nun eigentlich schon. Die ist irgendwie zu überleben.

Dumm nur, dass die Thera nun krank geworden ist. Die Stimme am Telefon klingt nicht mehr so vertraut. Die Sorge darum, dass es ihr schlecht geht und wir nichts tun können, nimmt allen Raum ein. Und alles ist gleichzeitig da. Wir wollen da sein und uns kümmern können. Wir wollen kuscheln dürfen, ihre Nähe spüren. Sie soll sich ausruhen und schnell gesund werden. Am Telefon werden Worte gesprochen, dass sie im Bett bleiben soll wenn sie krank ist, dass es okay ist wenn wir uns dann nicht sehen. Innen sorgt die Sehnsucht nach ihr für Bauchkrämpfe, die sie nicht wissen soll.

Sie hat den Termin nicht abgesagt. Wir waren heute bei ihr. Und was soll ich sagen…………………………hallo Tretminenchoasfeld, hallo Sprengstoff, hallo Explosionen. Hurra, super, dass ihr alle noch da seid und so schön zuverlässig funktioniert. Wie schafft sie das eigentlich immer so toll, bei mir die Tretminen zu erwischen? Na ja, ich war ja irgendwie auch selbst schuld. Der Termin war eigentlich ganz gut . Ich hatte in jeder Sekunde damit gerechnet, Ärger zu bekommen, weggeschickt zu werden. Und dann habe ich festgestellt, dass sie gar nicht böse auf mich ist. Was sie gesagt hat, war eigentlich wunderschön. Wenn es uns so sehr schlecht geht und wir so gar nicht mehr weiterkämpfen wollen, dann möchte sie am liebsten immer bei uns sein, um aufzupassen und uns zu beschützen und dazubleiben bis es wieder vorbei ist. Oh ja, sie muss uns wirklich sehr gern haben. Aber nun ist das Dilemma ja, dass sie nicht immer bei uns sein kann und auch nicht immer erreichbar ist. Und dann wird die Angst um uns ganz doll schlimm groß. Tja, ihr Problem, nicht unsers. Na gut, so ist das nicht. Wir wollen nicht, dass sie Kummer wegen uns hat. Aber das ist eben nicht so einfach. Und wirklich eine Idee haben wir auch noch nicht.

Und wenn ich dann nicht noch unbedingt über ein anderes Thema hätte reden müssen, dann wäre alles gut gewesen. Dann hätte ich selig mit dem Gefühl gehen können, dass sie uns ganz doll lieb hat und einfach nur Ruhe braucht um ganz schnell gesund zu werden. Aber es kam ja ganz anders.

Wieder einmal das leidige Thema mit dem „Sie“. Sie hatte gesagt, sie hätte sich da etwas überlegt und wenn ich aus dem Loch draußen wäre könnten wir darüber sprechen. Nun denn, ich war ja draußen, also wollte ich es wissen. War doch der Wunsch und die Hoffnung so groß, sie hätte vielleicht endlich verstanden, dass es blöd ist, mich zu siezen. Ich hatte so sehr gewünscht, dass sie nicht mehr diese riesige Distanz zwischen uns schieben würde. Und dann kam alles anders. Da waren Worte wie „manchmal sagt mein Bauch, dass das Du stimmiger wäre“. Ja ja ja, ich finde das auch. 🙂 „Und ganz oft sagt der Bauch, dass das Sie angebracht ist“ 😦 „Und es wäre ja verwirrend, wenn ich dann immer nach meinem Bauchgefühl gehen würde. Und die Momente mit dem Sie überwiegen.“

Es rauscht nur noch in den Ohren, die Detonation der Tretminen, die Erschütterung, nur noch Schmerz, nur noch Einsamkeit, weggeschoben sein, auf Abstand gebracht. Hallo Loch, ich bin da, lass mich rein. Und jetzt nur nicht zeigen was abgeht. Sie hatte es ja geahnt, dass die Tretmine hochgehen würde. Was war ich dumm, zu glauben, es wäre gut über dieses Thema zu sprechen.

Rasend schnell ging es mal wieder. Ich allein ganz einsam im Loch. Nein, ich will sie nicht mehr sehen. Ich will nicht mehr zu ihr. Sie hat mich nicht gern, alles leere Worte, nichts ist wahr. Sie ist die Thera, ich die Klientin, sie hat mich gern, weil sie jeden Klienten gern hat. Andere wären nicht bei ihr. Sie hat grade deutlich gemacht, dass da die Grenze ist. Im Gedanken sehe ich alles wieder vor mir. Wie ich Schuhe und Jacke anziehen und gehen würde. Ich würde ins Auto steigen und Kilometer weit fahren, weg von ihr, weg von dem Schmerz des Abgelehntseins. Damals bin ich gelaufen und nicht gefahren. Aber es gibt so eine Vereinbarung, dass ich nicht einfach abbrechen darf. Ich müsste noch zum nächsten Termin kommen. Also musste ich irgendwie rauskommen ohne zu viel Anlass zur Sorge zu geben. Ich habe es sogar geschafft, sie darum zu bitten, mir zu sagen, dass das alles gar nicht so ist wie ich es gehört habe. Aber die Worte rauschen nur vorbei………………und sie darf es nicht mitbekommen. Alles ist so gekommen, wie ich es schon vorher befürchtet habe.

Es ist seit Monaten das erste Mal, dass wir zwei Tage keinen Kontakt haben werden. Wir haben seit Monaten an jedem Tag telefoniert an dem wir uns nicht gesehen haben. In heftigen Zeiten sogar mehrmals am Tag Kontakt gehabt. Und jetzt kommt grade alles zusammen. Sie ist krank und muss sich dringend mit ihrer dicken Erkältung Ruhe gönnen, was ganz klar heißt, dass sie nicht arbeitet, kein bisschen. Keine Mails wird sie lesen, keine SMS, nicht telefonieren. Kurzum sie wird absolut gar nicht erreichbar sein. Und das alles ausgerechnet jetzt, wo eh schon so deutlich geworden ist, dass wir nur ein Teil ihres Jobs sind, nur anstrengend und lästig. Wie bescheuert auch, dass wir immer so sehr wünschen, dass uns jemand wirklich als Mensch lieb hat. Können Theras das eigentlich überhaupt? Wollen die das denn? Dabei hat sich das doch vorher noch so angefühlt, bevor das alles mit Rums in die Luft geflogen ist.

Und nu, nun sitze ich da mit dem ganzen Enttäuschungs-Angst-Traurigkeits-Schmerz im Bauch und soll so tun, als wär die Welt rosarot. Und morgen wird die Familie der Liebsten zu Besuch kommen, liebevoll werden Teile von uns Kuchen backen und selbstverständlich so funktionieren, dass nicht zu merken ist, wie andere Teile gleichzeitig ihr Leben aufgeben, weil es ja doch so sinnlos ist und immer wieder der gleiche blöde Mist passiert. Weil wir immer wieder unser Herz an Menschen hängen, die uns nicht in ihrem Leben haben wollen.

Es tut mir leid, dass dieser Post heute ganz entgegen meiner eigentlichen Schreibweise nicht positiv und optimistisch endet. Auch das ist ein Teil meiner Seele …………………… die tiefe Einsamkeit und Todessehnsucht.