über uns

Neu definiert


Es ist schon sehr viele Jahre her, dass hier ein Text geschrieben wurde in dem zu erfahren ist, wer hier schreibt und worum es geht. Er sollte neuen Lesern dazu dienen, sich zu informieren und einen groben Überblick zu bekommen, welche Grundthemen hier gegeben sind.

Inzwischen sind viele Jahre vergangen und einiges was ich damals für gegeben hielt, hat heute einen komplett anderen Blickwinkel bekommen.

Wer bin ich?

Biologisch gesehen ein weiblicher Körper, der im Sommer 1973 in Niedersachsen geboren wurde.

Dass ich alles andere als ein gewöhnlicher Mensch sein würde, war meinen Eltern damals nicht bewusst und es hat ihnen auch niemand erklärt. Auch mir nicht.

Ich habe erst mit 48 Jahren auf eigenes Bestreben hin eine autismusspezifische Diagnostik machen lassen und wurde eindeutig dem autistischen Spektrum zugeordnet.
Bis dahin gingen Helfer und Fachleute von komplexer, langjähriger Traumatisierung aus, die ich durch die Entwicklung einer dissoziativen Identitätsstruktur seelisch überlebt habe.

Auf der Grundannahme einer DIS entstanden alle auf diesem Blog befindlichen Texte bis ins Jahr 2021 hinein. Erst dann begann ich zunehmend anzunehmen und selbst auch wirklich zu glauben und zu vertreten, dass ich Autistin sein könnte. Bis hin zur fachärztlichen Bestätigung im September 2021.

Entsprechend ist es an der Zeit, hier darauf hinzuweisen, dass meine/unsere Texte auf einer autistischen Wahrnehmung der Welt und meines eigenen Lebens basieren. Was einiges in andere Verhältnisse bringt als es manch ein anderer Mensch verstehen würde.
Was auch beinhaltet, dass ich bestimmte Erfahrungen sehr intensiv erlebt habe und sie auch weiterhin so erlebe.
Einiges passt für mich nicht, was generell in Traumatherapien als hilfreich genutzt und vermittelt wird.
Ich verstehe wörtlich, ich habe Mühe Smalltalk zu führen, ich stehe nicht so auf Floskeln, hasse Unehrlichkeit und habe Mühe mit Regeln die mir unlogisch erscheinen.
Und ich bin ein sehr emotionaler und feinfühliger Mensch, der alles sehr intensiv wahrnimmt. Liebe ebenso wie Wut.

Oft habe ich Rückmeldungen gelesen, in denen Menschen sich in meinen Texten wiederfinden.
Das freut mich sehr, wenn ich mit meinen Worten andere erreiche und sie sich selbst dadurch an der einen oder anderen Stelle anders betrachten können. Vielleicht manches neu verstehen.

Doch eines ist mir dabei sehr wichtig:

Nur weil meine Worte berühren und sich jemand darin verstanden und gesehen fühlt, bedeutet es weder, dass dieser Mensch auch komplex traumatisiert sein muss, autistisch ist oder eine DIS hat.
Es gibt sehr viele Überschneidungen innerhalb diverser Problematiken.
So kommen durchaus auch bei frühen Traumatisierungen autistische Verhaltensweisen als Überlebensmechanismen vor. Und das nicht mal selten.
Eine Kombination aus einer DIS und Autismus ist nach heutiger Kenntnis ausgesprochen selten.

Diagnosen sollten immer therapeutisch und/oder fachärztlich gestellt werden und nicht in Selbstanalyse ohne weitere fachliche Bestätigung.

Es wird hier weiterhin um alle Themen gehen, die im Alltag auftauchen, die mir als Mensch durch Kopf und Bauch gehen. Also um alles, was mich beschäftigt. Mal mehr in die eine Richtung und mal mehr in eine andere.
Und dennoch immer irgendwie autistisch-traumatisch geprägt.
Denn das ist meine Seele, mein Geist, mein Sein.
Das bin ich-wir.

Und wie immer, wer mich persönlich kontaktieren möchte, kann dies gerne per Mail an vieleineinerhuelle@email.de tun.

Alltags-Wahnsinn · über uns

tägliche Beiträge


Es brennt mir auf der Seele, mal etwas dazu zu schreiben, warum ich aus Sicht mancher vielleicht „plötzlich“ wieder täglich hier schreibe.

Im Grunde habe ich nie aufgehört, täglich oder nahezu täglich zu schreiben und das auch zu veröffentlichen. Es hatte sich lediglich der Ort verlagert, an dem ich geschrieben habe.
Eine Weile habe ich hier in meinem Blog viele sehr persönliche Erlebnisse geteilt.
Und dann wandelte sich in mir etwas.
Ich hörte auf, gegen meine Gefühle zu kämpfen.
Ich verschloss nicht mehr meine Augen vor dem was offensichtlich war.
Und gleichzeitig spürte ich, dass das ein Teil meines Lebens ist, den ich nicht mit einer Öffentlichkeit teilen mochte. Nicht in dieser Zeit, in der ich immer wieder in Zweifel geraten bin und jeder Windhauch mich umwarf.
Das Internet ist voll von Menschen, die über andere urteilen und sie verurteilen und die sich in Lebensumstände einmischen, die sie nicht wirklich beurteilen können.
Und wenn man dann noch auf ganz wackeligen Beinen steht und sich selbst noch nicht gut zu glauben traut, dann haut es einen immer wieder um.

Ich habe gemerkt, dass ich immer weniger hier im Blog schreiben mochte. Die Pausen wurden lang und länger. Löschen mochte ich ihn auch nicht und fortsetzen erschien mir nahezu unmöglich.
Irgendwann entschied ich mich dazu, ihn zu schließen. Um denen, die mir gefolgt waren klar mitzuteilen, dass sie nicht mehr auf Beiträge warten sollten und um für mich selbst keinen Druck mehr zu haben.

Geschrieben habe ich dennoch. Und dann wirklich mit wenigen Ausnahmen an jedem Tag.
Ich habe vor 4 1/2 Jahren eine Gruppe auf Facebook gegründet, die ausschließlich für Menschen gedacht ist, die als Kind in andauernder Gewalt aufgewachsen sind. Diese Gruppe ist durch unterschiedliche Zeiten gegangen. Mal mit vielen und sehr vielen Mitgliedern. Menschen, die dort ihre Traumafolgen gegen andere gerichtet haben. Zeiten, die anstrengend für mich und einige andere waren und immer wieder auch Zeiten in denen die Gruppe vor dem Scheitern stand.
Vor einiger Zeit habe ich diese Gruppe geschlossen. Niemand kann sie finden und aufgenommen werden können nur Menschen, die mir bekannt sind.
Sie ist zu einem sehr stillen Ort geworden, den die Mitglieder dennoch zu schätzen wissen.
Und sie ist für mich ein Ort geworden, an dem ich mich zeigen kann, ohne verurteilt zu werden.
Hier habe ich in dieser Zeit geschrieben, als ich noch auf ganz wackligen Beinen stand und unsicher war, ob wirklich sein darf, was ich fühle.

Irgendwann war da dieser Zeitpunkt gekommen, da hat es sich richtig angefühlt, wieder hier zu schreiben.
Meinen Weg wieder öffentlich zu teilen und auch Menschen daran teilhaben zu lassen, die mich nicht auf Facebook lesen können.

In manchen Bereichen bin ich noch immer auf leicht wackligen Beinen unterwegs.
Ich habe meine wunden Punkte und merke wie wenig schutzlos es in der Bloggerwelt sein kann.
Und dennoch bin ich eben wieder hier und versuche einen Weg zu finden, wie es gelingen kann.

Meine Beiträge hier im Blog sind inzwischen identisch mit dem was ich in meiner Gruppe poste. Zumindest dieser eine tägliche Betrag.

über uns

Warum ich schreibe………


Quäle dich nicht mit deiner Angst herum, du bist jetzt ein Teil der großen Familie namens “Tagebuch-Blogger”. Wir alle haben unser Päckchen zu tragen und jeder von uns trägt es auf seine Weise. Wichtig ist nur, dass du weißt, dass du nicht (mehr) alleine bist! Wir können dich verstehen, dir Trost spenden, liebe Worte schenken, Zuversicht geben und versuchen, dein Leid zu lindern, indem es manche von uns teilen.
Wir sind überall …! 

Diese Worte befanden sich kürzlich in einem Kommentar von Meinungsmacher zu meinem Artikel „kritische Gedanken“.

In mir regte sich sofort Widerstand gegen das, was ich da las. Und viele Worte bildeten sich, die dazu gedacht wurden. Ein „Tagebuch-Blogger“, nein, in die Schublade will ich nicht, das ist nicht meine. Eigentlich will ich in gar keine Schublade. Ich bin einfach ich, mit allen Facetten. Aber ein „Tagebuch-Blogger“, das bin ich nun wirklich nicht. Weder sind meine Tage so interessant, dass ich hier alle öffentlich daran teilhaben lassen wollen würde, noch schreibe ich hier derart intime, persönliche Empfindungen und Ereignisse, die ich nur einem Tagebuch anvertrauen würde. Und täglich schreibe ich auch nicht, auch nicht irgendwie regelmäßig. Überhaupt bin ich kein Tagebuchtyp. Ich mag nicht solche Zusammenfassungen von Ereignissen. Unser Blog ist etwas anderes.

Es ist ein Ort, an dem wir unsere Gedanken aufschreiben können. Eine Möglichkeit, mit der Welt zu teilen, was wir an Erfahrungen machen. Andere teilhaben lassen an Entwicklungen. Menschen, die auf der Suche nach Erklärungen sind, um sich selbst besser verstehen zu können oder vielleicht auch einen anderen Menschen. Einblick zu geben in unsere Gedankenwelt.

Als „Tagebuch-Blogger“ würde ich heute schreiben, dass es hier völlig verregnet-trüb ist und der Scheinwerfer am Auto nicht geht und ich in die Werkstatt fahren müsste, was ich aber nicht hinkriege, weil ich nicht um Hilfe bitten kann. Wen interessiert das????? Die Menschen die ich gerne erreichen möchte gewiss nicht.

Ich werde über etwas anderes schreiben, etwas was mir lange schon unter den Nägeln brennt und heute mal so richtig hochgepusht wurde. Aber dazu in einem zweiten Artikel mehr.

Es gibt ja noch den Rest des Kommentars, der hier vieles aufgewühlt hat.

Ich soll zu etwas dazugehören? Ich? Und alleine bin ich nun plötzlich auch nicht mehr? Und hier wird mein Leid gelindert?????? Welches Leid?

Schreibe ich euch über mein Leid? Könnt ihr mir das mal ganz ehrlich beantworten? Wäre echt lieb von euch, wenn ich da mal eine Rückmeldung bekäme.

Ich möchte nicht den Eindruck vermitteln, dass ich leide. Ich tue es nämlich nicht. Ich kämpfe, jeden Tag wieder. Ich lasse mich nicht in mein Leid fallen und ich schreibe hier auch nicht, um von anderen Menschen Trost zu bekommen. Ich weiß, dass mich Worte in der Regel wenig trösten. Sie tun gut, und oft helfen sie, eine schwere Zeit besser durchzustehen. Doch um Trost zu fühlen, brauche ich einen ganz realen Menschen, der spürbar da ist.

Das mit dem Alleine-sein-Gefühl, das ist so eine Sache. Wenn man nie zu etwas dazugehört hat, zu dem man auch dazugehören wollte, dann ist die Aussicht nun zu etwas dazugehören zu können ja irgendwie verlockend. Aber ist es nicht so wie schon früher, wenn ich nur dort willkommen war, wo ich gar nicht sein wollte? Wenn mich jemand als Freund bezeichnet hat, den ich nicht mal wirklich mochte? Natürlich wünsche ich mir, dazuzugehören. Zu irgendetwas dazuzugehören, mit dem ich mich wohl und geborgen fühle. Zu dieser dort benannten Familie gehöre ich nicht. Die habe ich mir nicht ausgesucht. Da will ich auch nicht reingeschoben werden. Das fühlt sich nicht gut an.

Noch ein paar Worte zu dem, was ich mir hier im Kontakt wünsche.

Ich wünsche mir Menschen, die ehrlich schreiben was sie beim Lesen unserer Artikel denken, fühlen, mitteilen möchten. Ich erwarte keinen Trost, keinen Zuspruch, kein Teilen meines (nicht vorhandenen) Leids. Bin einfach nur dankbar um jedes Wort, was ihr hier in Kommentaren schreibt, was wirklich und aufrichtig in euch auftaucht. Für mich ist hier jeder ein Mensch und nicht nur jemand, der Worte schreibt. Und jeder hat seine Geschichte die ihn prägt und begleitet. Und keine dieser Geschichten mag ich bewerten oder beurteilen. Ich lese sie gerne, immer dann, wenn ich es gut kann. Und es hilft mir, von anderen zu erfahren, wie sie mit etwas umgehen, was ich auch kenne. Ein „das kenne ich“ empfinde ich als hilfreich für mich, auch dann wenn dieser Mensch einen anderen Weg für sich gewählt hat als ich.

So nun mal zu meinem zweiten Artikel für heute……………

Alltags-Wahnsinn · über uns

kritische Gedanken


Ich bin wohl sowas wie ein Meister darin, Dinge zu beleuchten, von allen erdenklichen Seiten. Alles zu hinterfragen. Nichts für klar und selbstverständlich anzunehmen. Und dann spreche ich es aus, schreibe es nieder, teile mit, was für viele tausende Gedanken durch meinen Kopf wirbeln.

Ich spreche Wahrheit aus, die andere schmerzt. Bringe Dinge zur Sprache, die andere aus Diplomatie oder Rücksichtnahme heraus besser runterschlucken. Und lasse mir vorwerfen, rücksichtslos und verletzend zu sein. Ja, ich weiß, es ist schmerzlich, wenn die Wahrheit ausgesprochen wird. Es tut weh, in sich selbst den Schmerz zu fühlen, weil jemand anderes ausspricht, was man am liebsten hinter dicken Mauern verbergen wollen würde.

Ich kann es nicht ausstehen zu lügen, hasse es, unehrlich sein zu sollen, um andere nicht zu verletzen. Ich mag nicht Verständnis heucheln wo ich keines empfinde. Will mich nicht mehr anpassen und in die Gesellschaft pressen lassen. Ich bin ich, einfach wie ich bin. Mit all den Anteilen, die zu mir als Mensch gehören. Mit all meiner Phantasie, meinen vielen Gedanken, die ständig in ganz unterschiedliche Richtungen zeitgleich gehen. Ich schlage nicht laut Alarm und gehe in die Öffentlichkeit, um zu protestieren. Protest ist für mich eine Form von Gewalt.

Gewalt hat mein Leben bestimmt, viel zu viele unendlich lange Jahre. Aber was bedeutet denn eigentlich Gewalt? Was verstehen die Menschen darunter? Es fallen Begriffe wie körperliche Gewalt oder psychische Gewalt. Doch wie Gewalt für einen Menschen aussieht, für den das alles so völlig alltäglich ist, dass er es gar nicht als etwas erkennen kann, was nicht geschehen dürfte, das wissen die wenigsten Menschen. Ich denke, es ist besser, eine Warnung auszusprechen, dass beim Weiterlesen erhöhte TRIGGERGEFAHR besteht. Aber ich mag auch keine passwortgeschützten Artikel.

Ich bin aufgewachsen in einer Familie, in der Gewalt in jeder Form zum Alltag gehörte. Und dennoch hat niemand es je erkannt. Gewalt hat so viele Gesichter. Und so viele Menschen, die alle Sinne versperren um nicht erkennen zu müssen, was nicht erkannt werden will.

Begonnen mit der Mutter die das Kind in ihrem Bauch nicht will. Sie wird das Kind schon lieben, wenn es erst mal auf der Welt ist. Sie hat ja schon vier, denen geht es doch auch gut. Überprüft hat das nie einer, ob es denen gut geht. Es hat auch niemand hinterfragt, ob sie ihre Kinder liebt. Sie ist die Mutter. Mütter lieben ihre Kinder. So ist das nun mal.

Dann waren wohl all die unzähligen Schläge und Tritte gegen den kleinen Körper normal. Dann ist das wohl Mutterliebe. Und dann ist es wohl auch ganz üblich, dass Mütter ihre Kinder unter Wasser drücken, wenn sie ihr Schreien nicht mehr ertragen. Alle Mütter stopfen wohl die Münder ihrer Kinder mit Essen voll und zwingen mit erhobener Hand dazu runterzuschlucken.

Doch Gewalt hat auch eine andere Seite, eine leise.

Wenn das Kind wie Luft behandelt wird, ignoriert, anderen verboten wird, mit ihm zu sprechen. Eingesperrt in einen kalten Kellerraum, ohne irgendeine wärmende Quelle. Am Abend ohne Essen ins Bett geschickt wird, weil es sich nicht an die Regeln gehalten hat.
Oder wenn die Mutter das Kind unter Androhung von Suizid dazu zwingt, selbst die Rolle der verantwortlichen Erwachsenen einzunehmen und für das Glück der Mutter zu sorgen. Auch das ist Gewalt.

Man bezeichnete mich nett als unartiges Kind.

Und niemand wunderte sich darüber, warum ich eigentlich immer schwieg, nie lachte, mein Blick immer gedankenverloren in die Ferne ging. Es hat niemand sehen wollen, dass mein Blick in mich gerichtet war, weil ich mich der Welt entzogen habe. Niemand hat die Wunden an der Seele gesehen, niemand die stummen Hilfeschreie gehört.

Als der „liebe Onkel“ eines Tages, als ich bereits fast erwachsen war, verkündete, dass ich ja sein Kind sei und er die ganzen Jahre immer für mich bezahlt habe, dies sogar mit Kontoauszügen belegen könne, hat meine Mutter es als dummes Geschwätz abgetan. Man hat es ihr geglaubt.

Die Wahrheit wollte keiner sehen. Er nicht, sie nicht und auch niemand drum herum.

Es passt nicht in ihr Weltbild. Eine arme Familie, die sich hochverschuldeten mit einem eigenen Haus. Da tritt der „liebe“ Schwager an die Mutter des Säuglings heran, mit einer denkbar guten Lösung. Er würde ihr monatlich gutes Geld zukommen lassen, damit es der Familie an nichts mangeln müsse, wenn er nur ein wenig Zeit mit dem Kinde verbringen dürfe.

Ich war sein Kind, weil er mich gekauft hat. Er hat für mich bezahlt. Ich war Gegenstand eines Vertrages zwischen ihm und meiner Mutter.

Aber eine Mutter tut so etwas nicht. Das können Mütter nicht.

Er hat mich mitgenommen zu seinen pädophilen Freunden. Er hat mir ein Playboyhäschen um den Hals gehängt und mich in einem Pädophilenring an Kunden verscherbelt. Ich war nichts außer einer Ware mit der sie gehandelt haben. Ich gehörte ihnen allen. Und nie mir selbst.

Doch diese Geschichte wollte niemand hören. Eine Mutter tut das nun mal nicht. Also kann es auch nicht wahr sein. Aber ganz bestimmt hat doch der Vater was getan. Der ist doch ohnehin so seltsam.

Ja, er ist seltsam. Selbst vom Krieg als Flüchtlingskind traumatisiert. In dieses Deutschland gekommen, fern der Heimat, immer sich selbst als vom Staat geduldet aber benachteiligt empfunden.

Er, der im kältesten Winter jede freie Minute damit verbrachte, für mich eine Rodelbahn in den Garten zu bauen. Nie vergaß, sie am Abend mit Wasser zu begießen, wenn in der Nacht Frost kam, damit sie auch am nächsten Tag toll glatt zum Rodeln war. Er, der mich in jeder Minute, die er hatte, von meiner Mutter weglotste, damit sie mich in Ruhe ließ. Er, der an keinem Tag vergaß, mir ein Stück seines Arbeitsbrotes mitzubringen, damit ich wenigstens dieses kleine Glück für mich alleine hatte.

Aber er ist eben ein Mann. Männer tun Kindern doch Gewalt an, nicht Frauen.

Und das hat er. Keine Frage. Leise und still. Und dennoch hat es tiefe Wunden hinterlassen. Er hat zugesehen wie sie mich verprügelt hat. Er hat mir nicht geholfen. Er hat mich in seinem Bett schlafen lassen und sich erregt an meinen kleinen Körper gedrückt.
Aber er hat mich nicht verkauft. Er hat mich nicht zu einer Ware gemacht. Nicht zu einem Gegenstand. Er hat mir nicht wehgetan. Nicht so wie andere es taten.

Für mich war normal was er tat. Denn er war meine Familie, in der das so und nicht anders war.

Aber das war es nicht, was die Damen und Herren Therapeuten hören wollten. Also sagte ich nichts davon. Man wusste, dass ich traumatisiert war. Und man konnte sich denken, dass es der Vater war, wer auch sonst.

Die Tatsache, dass es ein über mehrere Jahre andauerndes sexuell übergriffiges Verhalten einer Vaterfigur gab, als ich 12 war, reichte nicht wirklich, um die Folgen zu erklären. DIS entsteht nicht erst in der Pubertät. Und wenn man sich in einem sicher war, dann in dem Umstand, dass ich Viele bin. Daran hatte nur ich immer wieder meine Zweifel.

Und als es dann in der Therapie Erinnerungsfetzen gab, die gut in die Kreise eines rituellen Missbrauchs innerhalb eines Kultes passten, wurde sich darauf gestürzt. Damals, zu Beginn der 90er, ging man sehr davon aus, dass rituelle Gemeinschaften ursächlich für DIS seien. Es reichte aus, dass es scheinbare Ähnlichkeiten in den Handlungen gab, um die Erinnerungsfetzen in eine Schublade zu sortieren.

Ich wurde nie in einen Kult hineingeboren. Nie waren meine Eltern Mitglieder einer solchen Vereinigung.

Es war ein Kunde, der mich gekauft hat. Es war ein Mann, der mich noch dann für brauchbar hielt, als ich den anderen Kunden nicht mehr frisch genug war. Einer der gut bezahlen konnte. Was dort geschehen würde war egal. Nur überleben müsse das Kind. Das war die Bedingung. Aber das könne ja gut eingehalten werden, es seie ja ein Arzt zugegen. Einer der die Eltern auch gut kenne.
Ich war nur die Ware, die man benutzte.
Und es ging um nichts anderes als Sex und Macht. Alles andere war nur ein Nebenschauplatz. Sie deckelten ihre pädophilen Neigungen mit der Hülle eines rituellen Kultes. Es gab diese Menschen, es gab das, was dort geschehen ist. Doch sie waren es nicht, die ausgelöst haben, dass meine Seele zersplittert ist.

Es war die Gewalt, die ich in meiner Familie erlebt habe, fortwährend, vom Tag meiner Entstehung bis zu dem Tag, als ich den Kontakt beendet habe.

Und nun schreibe ich hier über all das. Teile Details über mein Leben mit. Und ich kann hören wie es in mir schreit.

Die Angst, zu viel zu zeigen.
Die Angst, verurteilt, in eine Schublade sortiert zu werden.
Als Faker geächtet zu werden.

Und ich spüre, wie mich das wütend macht. Als man mich als Multiple bezeichnete, habe ich mich dagegen gewehrt. Irgendwann fing ich an, mich damit auseinanderzusetzen, es zu glauben, zu verstehen. Doch all diese Menschen, die sich im weiten WWW tummeln und sich anmaßen, Urteil darüber sprechen zu dürfen, ob jemand ein Faker ist oder nicht, haben die alten Ängste ausgelöst. Wir beteiligten uns nicht mehr an Foren oder Plattformen für Multis.

Doch auch in der Welt der Blogger begegnen uns die Menschen wieder. Multis, die sich anmaßen, darüber urteilen zu können, ob andere echt sind oder nicht. Und sie merken nicht, wie sehr sie damit die gleiche Gewalt antun, die viele Betroffene aus Traumazeiten kennen. Sie grenzen sie aus, beschuldigen sie der Lüge, verurteilen sie. Und ich fürchte, viele tun das, weil sie selbst in sich die Unsicherheit fühlen, diese Zweifel, ob echt und glaubwürdig ist, was man fühlt und erinnert.

Aber denen gegenüber, die nur einfach etwas anderes erlebt habe und deshalb anders erscheinen, ist es Gewalt, die ihnen angetan wird, wenn man sie als Faker bezeichnet.

Ich finde es schlimm, dass es immer wieder dieses Thema gibt. Als wäre man in einem Konkurrenzkampf darum, wer echter ist. Geht es wirklich noch immer darum, besser sein zu wollen, in jeder Hinsicht?

Wenn jemand behauptet, dass er Viele ist, ohne es wirklich zu sein, und wenn der das auch weiß, dann wird es einen Grund geben, sich so zu verhalten. Es wird andere Schwierigkeiten geben, die diesen Menschen glauben lassen, es würde ihm besser gehen, wenn geglaubt würde, dass er viele ist.

In der Realität fliegt das sehr schnell auf, denn dissoziieren kann man nicht vorspielen, man kann auch keine Schockstarre oder Todesangst vorspielen. Und alles was eben noch ganz spezifische Traumafolgen sind. Das geht einfach nicht.

So, genug gewehrt für die Zweifler in uns. 😉

über uns

Veränderungen


Ja, manchmal gibt es auch für mich Veränderungen, die ich will, die ich gut finde, die ich versuchen will. Obwohl ich ja so Veränderungen generell eher nicht so toll finde.

Bei uns gibt es seit heute eine Veränderung. Wir haben einen neuen Blog. Einen auf dem es nur um Fotos geht die wir machen.

Wir haben immer wieder überlegt, ob wir hier auch Fotos mit reinbringen sollten. Ein paar mal haben wir das auch getan. Nur so richtig gut fanden wir es nicht. Nun haben wir etwas in uns und am PC gearbeitet und einen neuen Blog online gestellt.

Wer mag darf gerne unter Zeitblenden schauen. Und natürlich freuen wir uns über jeden Follower. 🙂

über uns · Therapieerfahrungen

DIS ist keine Krankheit


Immer wieder stolpern wir darüber. Fallen hin. Rappeln uns wieder hoch. Versuchen, trotz Irritation, weiterzugehen. Bis zum nächsten Mal.

Immer dann wenn im Zusammenhang mit DIS oder posttraumatischer Belastungsstörung oder Borderlinestörung oder ähnlichen Diagnosen von Krankheit gesprochen wird. Wenn Menschen die unter Traumafolgestörungen leiden diese als Krankheit bezeichnen.

Was ist denn Krankheit? Was bedeutet das denn? Wie wird das denn definiert?
Im Gesundheits-Brockhaus wird Krankheit ganz offiziell folgendermaßen definiert:

Krankheit ist definiert als Störung des körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens. Bei der Abgrenzung der Krankheit von Gesundheit ist eine bestimmte, aus einer Vielzahl von Beobachtungen mithilfe statistischer Methoden gewonnene Schwankungsbreite zu berücksichtigen, innerhalb derer der Betroffene noch als gesund angesehen wird. Bei der Beschreibung einer Krankheit muss zwischen ihren Ursachen (Krankheitsursache) und ihren sichtbaren Anzeichen (Symptomen) unterschieden werden. Außerdem können sich unterschiedliche Verläufe zeigen: Eine akute Krankheit setzt plötzlich und heftig ein. Eine chronische Krankheit (Malum) beginnt langsam und verläuft schleichend. Manche Krankheiten verlaufen in Schüben, d.h., es wechseln sich Phasen der Besserung mit Phasen der Verschlechterung (Exazerbationen) ab, oder sie treten nach scheinbarer Ausheilung erneut auf (Rezidiv). Die Feststellung einer Krankheit (Diagnose) beruht auf der Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) sowie der Untersuchung des Betroffenen mit Auswertung der geschilderten und festgestellten Symptome. Die erhobene Diagnose dient der Festlegung einer evtl. notwendigen Behandlung, der Voraussage über den Verlauf der Krankheit (Prognose) und Maßnahmen der Krankheitsverhütung (Prävention).
(Quelle: Der Gesundheits-Brockhaus, F.A. Brockhaus GmbH, Leipzig – Mannheim)

Nun ist aber nicht jede Störung, insbesondere im psychischen Bereich auch eine Krankheit. Denn wenn etwas gestört ist, heißt das doch eigentlich, dass etwas nicht gut funktioniert. Wenn die Telefonleitung gestört ist, würde auch niemand sagen, dass sie krank ist. Sie ist gestört und funktioniert deshalb nicht so wie man erwarten würde. Und in etwa so ist das nach meiner Ansicht auch mit DIS.

Die Seele hat Anteile aus dem Bewusstsein abgespalten, um die Grundfunktion aufrecht erhalten zu können. In der Folge hat das Bewusstsein hierauf keinen Zugriff mehr. Die Verbindung zwischen Bewusstsein und abgespaltenen Anteilen oder auch abgespaltetem Wissen ist gestört. Dennoch ermöglichen bestimmte Anteile, die auch als Alltagspersönlichkeiten bezeichnet werden, eine Grundfunktionalität im Alltag.

Nun ist man ja so nicht auf die Welt gekommen. Da hat es Menschen und Ereignisse gegeben, die dazu geführt haben, dass diese Verbindungen „vorübergehend“ gekappt werden mussten, damit es möglich war, dennoch weiterzuleben.

Alleine der Umstand, dass die Seele diesen Weg gewählt hat, besagt dass sie völlig gesund ist. Aber sowas von gesund. Eine kranke Seele hätte niemals einen guten Weg finden können, trotz lebensgefährlichen Umständen, sich so zu retten, dass der Kern erhalten bleiben kann.

Irgendwie habe ich in den zwanzig Jahren, in denen ich mit unterschiedlichsten Therapeuten und Institutionen zu tun hatte, nie in Betracht gezogen, dass ich krank sein könnte. Ich bekam nur immer wieder große Augen und war verwundert, wenn andere Menschen mit Traumafolgen sich als kranker Mensch sehen.

Für mich ist Krankheit etwas anderes. Krank bin ich, wenn ich eine Grippe habe oder einen Infekt. Ich bin auch krank, wenn ich mich einfach schlapp und unwohl fühle, so dass ich mich hinlegen muss. Aber die DIS lässt mich nicht krank sein. Es gibt manche Folgen, die sich zu „Krankheiten“ entwickeln können. Eine Anorexie beispielsweise, die oft auch eine Traumafolgestörung ist, hat eine körperliche Erkrankung zufolge. Insbesondere dann, wenn sie dazu führt, dass der betreffende Mensch so stark untergewichtig wird, dass die lebenswichtigen Organe nicht mehr ausreichend versorgt werden können. Aber die Anorexie an sich ist nicht das, was krank ist, sondern die Folgen daraus machen krank. Mag sich jetzt seltsam anhören, vielleicht etwas abgehoben. Aber so denke ich. Kompliziert, hinterfragend, springend und nicht für jeden nachvollziehbar.

In den Anfangsjahren der Auseinandersetzung mit meinen seelischen Problemen, gab es an die Therapeuten immer wieder nur die Frage danach, ob ich verrückt sei. Ich hatte Sorge, dass wenn ich verrückt sei, meine Mutter Recht damit hätte, dass sie immer behauptet hat, ich sei krank im Kopf. Und jeder hat mir geduldig immer wieder erklärt, dass ich nicht verrückt sei. Einer, den ich nicht wirklich mochte, hat es mir mit einer Skala erklärt, auf der ganz rechts Normal liegt und ganz links Verrückt. Er meinte, ich sei doch recht dicht am Normal. Irgendwann habe ich das gefressen und mir weniger einen Kopf darüber gemacht.

Aus Sicht meiner Familie war ich krank im Kopf aus ganz anderen Gründen. Ich war nicht wie sie. Ich war und bin anders. Ich wollte alles verstehen und habe nach Dingen gefragt auf die sie keine Antwort geben konnten. Ich habe mir mit fünf Jahren die Lexikothek der Eltern genommen und die Bände gelesen, die mir die Antworten auf all das lieferten, was mir diese Menschen nicht beantworten konnten. Die Lexika waren viele Jahre meine Lieblingsbücher. Ich habe dort Wissen bekommen, was dem Rest der Familie fehlte. Und damit war ich ein Sonderling. Und aufgrund der Gewalt die meine Familie, insbesondere meine Mutter mir angetan hat, entwickelte ich Verhaltensweisen, die sonderbar erschienen. So schlug ich mit dem Kopf gegen die Wand und biss mir die Arme wund, um nur keine Wut zu zeigen, um nicht zu riskieren, erneut der gewalttätigen Mutter ausgeliefert zu sein. Ich verweigerte Nahrung, weil ich kein Ventil für Trauer hatte und der einzige Gefährte, der mich getröstet, gewärmt und beschützt hat, starb als ich fünf war. Es war die Hündin der Familie.

Die haben mir den Stempel auf die Stirn gedrückt, dass ich verrückt sei. Die Familie, und die Menschen, die mich wie eine Aussätzige behandelt haben.
Dabei gab es so verdammt gute Gründe, warum ich mich verhielt wie ich es getan habe. In mir drin war ich überzeugt, dass mit mir was nicht okay ist, ich bin falsch.

Ganz klar ist die Erinnerung an den Moment, in dem ich mit 12 Jahren in einer Illustrierten einen Artikel gelesen habe. Es ging um stille Kinder, um Kinder, die nur sehr wenig sprechen, extrem schüchtern und verängstigt sind. Dort stand, dass solche Kinder oftmals Opfer von Gewalt in der Familie sind und dringend Hilfe benötigen. Ich kann erinnern, wie mir innerlich heiß wurde und ich Angst bekam. Hatte ich zu viel verraten, wo ich doch geschwiege habe um kein Geheimnis zu sagen?  Von diesem Tag an habe ich geschaut, wie andere sich verhalten, was normal ist. Ich habe es abgeguckt, übernommen, bin in die Rolle eines normalen Teenagers geschlüpft. Niemand hat etwas gemerkt, lange Zeit nicht. Aber in mir drin, hielt ich mich für „Krank im Kopf“, „durchgeknallt“, „verrückt“.

Erst als ich viel später durch die Therapie und das Lesen über Folgen von Traumatisierung in der Kindheit anfangen konnte zu verstehen, warum ich mich so verhalten habe. Erst als ich verstanden habe, dass ich immer nur versucht habe, einen Weg des Überleben-Könnens zu finden. Erst da konnte ich glauben, dass ich normal bin. Ich habe nur versucht zu überleben. In meiner Kindheit habe ich viele Dinge nicht lernen können, die ein Kind lernen können sollte. Ich war Menschen und Ereignissen ausgeliefert, die mir keine Möglichkeiten gaben, gesunden Umgang mit mir zu lernen. An vielem  was für Menschen, die umsorgt aufwachsen durften, selbstverständlich ist, mangelt es mir noch heute. Das unterscheidet mich. Mein Denken mag sich auch von anderen unterscheiden, weil andere nicht mein Leben leben, es zum Glück auch nie leben mussten. Wenn ich mich aus Angst zurückziehe, dann auch deshalb, weil ich nicht lernen durfte, dass Gefühle normal sind und wie man sie fließen lassen kann.

Ich brauche keine Medikamente, die meine Angst weniger sein lassen oder den Schmerz betäuben und mich einfach schlafen lassen.
Was ich immer brauchte, waren Menschen die mir zeigen wie Liebe geht und Trost. Menschen die mich die Welt verstehen lassen und mir helfen, mich und mein Leben verstehen zu können. Und ich brauchen Menschen, die mir beibringen können wie es möglich ist, Schmerz und Wut und Angst weniger werden zu lassen.

DIS ist keine Krankheit.
Es ist nur der Versuch einer Seele, die in Todesangst ausgeliefert ist, sich zu retten.

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Klare Worte


Manchmal bedarf es klarer und deutlicher Worte, um sich abzugrenzen, verstanden zu werden. Manchmal auch einfach um einen Standpunkt zu einer Sache deutlich zu machen.

Heute brauchen wir mal klare Worte. Und ich hoffe, dass die Menschen an die sie gerichtet sind diese auch einmal eindeutig verstehen. Alle anderen bitte ich darum, sich den Schuh nicht anzuziehen, denn er passt nicht und er sähe ganz schäbig bei Euch aus, weil ihr einen viel hübscheren verdient habt.

Also, in letzter Zeit haben sich in unserem Postfach zweifelhafte Anfragen gehäuft. Solche, in denen uns im Bezug auf unseren Blog angeboten wird ein Buch zu schreiben, in denen wir gebeten werden unsere Geschichte öffentlich zu machen.

Es mag sein, dass die eine oder andere dieser Anfragen ernstgemeinte Angebote sind. Wir wissen es nicht, denn wir haben sie einfach versucht zu ignorieren. Denn da gibt es so viele Fakten, die gegen diese aus unserer Sicht absurde Idee sprechen.
Wir stecken nicht unsere ganze Energie da rein, uns vor Übergriffen zu schützen, ein neues, freies Leben aufzubauen, um uns wieder von anderen benutzen zu lassen. Und ganz sicher haben wir nicht einen neuen Namen angenommen und unseren Wohnort so oft gewechselt, um nun mit unserer Geschichte ganz offiziell an die Öffentlichkeit zu gehen. So nach dem Motto: „Trallala hier sind wir“. Nein, das werden wir nicht tun.

Wen unsere Geschichte und das was wir wie erleben interessiert, der kann hier in unserem Blog vieles darüber erfahren und gerne dürfen wir auch per Mail kontaktiert werden. Aber wem gegenüber wir unsere Anonymität aufgeben, möchten wir schon ganz gerne sorgfältig auswählen.

Aber es gibt noch eine andere Sache, die hier hohe Wellen schlägt. Diejenigen unter Euch, die ein Problem mit Themen wie G’tt und ähnlichem haben, sollte vielleicht besser jetzt hier nicht weiterlesen. Es könnte ziemlich heftig werden. Denn ich möchte hier wirklich mal was klarstellen, damit begriffen wird.

Vor ein paar Tagen bekamen wir eine Mail, die sich auf unseren Blog bezog. Um nicht gleich böse Absicht zu unterstellen, behaupte ich mal, dass der Schreiber in guter Absicht den Kontakt aufgenommen hat. Man hatte unseren Blog zufällig entdeckt und jetzt sozusagen die ach so perfekte Lösung, weil sie einem selbst ja so gut geholfen hat. Aber man selbst habe ja auch keine so schlimmen Erfahrungen.

Kurz und knapp auf den Punkt gebracht wollte man uns nahelegen, zum Glauben zu finden, dann würde auch alles gut werden.

Entschuldigt meine Wortwahl, aber ich könnte echt kotzen.

Gesetzt der Fall der Schreiber möchte uns nicht in eine dubiose Glaubensgemeinschaft einbinden oder wurde gar auf uns angesetzt, sollen doch solche Menschen einfach ihren Weg gehen und uns unseren Weg gehen lassen.
Ich weiß nicht, was manche Menschen sich dabei denken, anderen ihren Weg als den besten und wirkungsvollsten aufdrängen zu müssen.

Was unsere Beziehung zum Glauben betrifft, so ist sie natürlich so unterschiedlich wie wir immer in vielem sehr unterschiedliche Meinung haben. Und sicherlich gibt es viele, die das Thema triggert und es gibt einige, die darauf verständlicherweise mit Wut reagieren.
Wütend macht mich diese Mail. Wütend macht es mich, weil ich den Eindruck habe, bewusst getriggert worden zu sein. Und dennoch gibt es auch Anteile, die denken, dass es nur eine naive Menschenseele war, die hilflos helfen wollte.

Okay, uns muss niemand bekehren. Wir waren als Kind an fast jedem zweiten Sonntag im Kindergottesdienst. Wir wurden getauft und konfirmiert. Wir reden jeden Anhänger der ZJ an die Wand, lassen uns nicht von irgendeinem Menschen in irgendeiner Weise über Gott belehren. Bereits als 13-jährige habe ich mich mit dem Pastor darüber auseinandergesetzt, ob es Gott so wie ihn die Kirche darstellt überhaupt geben kann.
Für mich gibt es ihn so nicht. Aus meiner Sicht ist die Kirche einer der reichsten „Vereine“. Und die sind darauf angewiesen, dass die Menschen kommen, weil sie sonst ihre vielen Immobilien gar nicht unterhalten könnten. Die Bibel wird x-beliebig von jedem so ausgelegt wie er sie versteht. Und es gibt Menschen, die diesen Glauben brauchen, um einen Halt zu spüren.

Es gibt Menschen, die brauchen eine Kirche, um sich Gott nah zu fühlen, Sowie es Menschen gibt, die ein Grab brauchen um einen Ort zu haben, an dem sie um jemanden trauern können.

Ich brauche all das nicht. Ich habe meinen eigenen Glauben, ganz tief in mir drin. Ich glaube nicht daran, dass es ein Wesen gibt was allmächtig unser Leben lenkt. Denn das wäre schlimm, wenn Gott darüber entschieden hätte, dass so vielen Menschen Gewalt angetan wird. Ich höre oft von Betroffenen, dass sie nicht an Gott glauben können, weil, warum hätte er dann zugelassen, dass ihnen so schreckliches angetan wurde.

Wenn ich nicht meinen eigenen Glauben entwickelt hätte, dann hätte ich vielleicht manchen Tag nicht so überlebt wie ich es geschafft habe.

Für mich ist Gott eine Kraft, die wirkt, etwas was man nicht sehen und riechen kann. Etwas was man nur mit dem Herzen sehen kann. Manche nenne es auch Intuition.

So, genug dazu geschrieben.
Nein, wir werden kein Buch schreiben.
Und nein, wir brauchen auch niemanden, der uns bekehren will.

Und bevor noch irgendwelche komischen Anfragen kommen,
ich brauche auch niemanden, der mir zeigen möchte, dass ich gar nicht lesbisch bin,
auch brauche ich keine Möchte-gern-Therapeuten die so tolle Methoden haben, mit denen man ach so schnell gesund wird.
Und auch sonstige seltsame Angebote könnten einfach mal unterbleiben.

Weder bin ich krank, wie viele immer gerne behaupten, noch bin ich jemand, den man in die richtige Spur bringen müsste.
DIS ist keine Krankheit sondern eine Überlebensstrategie.
Und meinen Weg gehe ich sehr zielstrebig in dem Tempo was für mich stimmt und mit den Menschen an meiner Seite, die zu mir passen.

So, Dampf abgelassen.

Und bitte jetzt nicht denken, dass ich keine Kommentare bekommen möchte. Ich liebe es Kommentare von Euch zu lesen. Bitte auf keinen Fall damit aufhören.

Ich mag nur nicht diese hilflosen Hilfsversuche von Menschen, die keine Ahnung davon haben, was wirkliche Probleme sind. Vielleicht kann das manch einem von diesen Leuten ein kleines bisschen die Augen öffnen.
Ich bin um jede Frage dankbar und um jedes Nachfragen um verstehen zu können. Aber ich hasse es wenn andere Menschen meinen zu wissen was für mich richtig ist und was ich brauche.

Alltags-Wahnsinn · über uns · Therapieerfahrungen

es gibt viele Arten von Liebe


Ich habe hier schon oft über meine Therapie und meine Therapeutin geschrieben, über meine Gefühle die durch sie und die Therapie durcheinandergewirbelt werden und in welche Nöte ich dadurch auch immer wieder innerlich gerate.

Nun bekam ich gestern von Mariesofie einen Kommentar auf meinen letzten Artikel, der mich zum Nachdenken angeregt hat. So sehr, dass ich nun zu ihrer Frage einen eigenen Artikel schreiben möchte.

Liebe Strandkrabbe,

sehr interessiert habe ich diesen Artikel gelesen, wie viele von dir. Möchte dich unbedingt etwas fragen, damit ich es richtig kapieren kann. Du lebst in einer Partnerschaft, denn du erzählst ja immer von der Liebsten. Wenn dem so ist, dann müsstest du doch Vertrauen, Nähe und die anderen Dinge bewusst mit ihr erleben. Also würde ich das als eine Erfahrung einstufen. Was ich nun nicht verstehe ist, was anders mit deiner Therapeutin ist! Warum hast du dort die Näheprobleme und immer wieder die Angst vor dem Verlassen werden? Ich selbst habe die Probleme auch, aber bin in keiner Beziehung. Das heißt, ich will mich an den einzigen Bezugs-Menschen klammern. So denke ich, dass ich diese Probleme vielleicht nicht hätte, wenn mein Herz vergeben wäre an jemand anderen, verstehst du? Hilf mir mal, das zu verstehen. Sei lieb gegrüßt von Kathrin

Ja, ich lebe in einer Partnerschaft mit einer Frau, mit meiner von mir hier genannten „Liebsten“. Im realen Leben sage ich das so nicht 😉 Und ich lebe schon seit 9 Jahren mit dieser Frau zusammen. Und weil ich sie hier meist nur am Rande erwähne, könnte jeder Leser den Eindruck gewinnen, dass alles paletti ist, die Beziehung gut läuft, alles prima. Das ist natürlich nicht so. Ich bin multipel, habe immer wiederkehrende suizidale Krisen, verletze mich selbst, habe noch tausend andere Verhaltensauffälligkeiten. Wenn damit eine Partnerschaft problemlos und prima funktionieren könnte, würde es mich sehr erstaunen. Und wer nun denkt, dass es doch sicherlich einfacher ist, weil sie Sozialpädagogin ist und lange in der ambulanten Betreuung gearbeitet hat, liegt auch ziemlich daneben. Zuhause ist auch mein Schatz ein ganz normaler Mensch mit ganz eigenen teils egoistischen Bedürfnissen. Und wenn ich wollte, könnte ich mich hier seitenlang über all das auslassen, was so richtig nervig im Miteinander ist. Es würde euch sicherlich langweilen, weil auch das alles nicht so ungewöhnlich ist.

Aber nun mal mehr zu dem eigentlichen Thema. Wo genau liegt denn nun der Unterschied zwischen der Beziehung zu meiner Therapeutin und meiner Partnerschaft. Eine sehr interessante Frage wie ich finde. Und so viel Gemeinsamkeiten es gibt, so viel Unterschiede gibt es auch.

Da ist schon mal an erster Stelle der Unterschied, dass ich in einer Partnerschaft ein erwachsener, gleichberechtigter Partner bin. In der Therapie darf ich alles sein, Kind, Teenager, Jugendliche, Erwachsene.

In der Partnerschaft gibt es ein Geben und Nehmen, in der Therapie eher ein Nehmen auf meiner Seite und ein Geben auf der Seite der Therapeutin. Irgendwie gebe ich da zwar auch, aber anders.

Das sind zwei recht wesentliche Unterschiede. Aber ich denke, ich sollte hier einiges sowohl zu meiner Therapie als auch zu meiner Partnerschaft erklären. Und ich sollte etwas mehr zu meinen Ängsten vorm Verlassenwerden und der Näheproblematik in Beziehungen schreiben.

Also, ich bin rein von außen betrachtet ganz normal in einer Familie mit Eltern und vier Geschwistern aufgewachsen. Eigentlich alles gut könnte man meinen. Wäre es nicht so, dass man mich nicht gewollt hat. In dem Moment als klar war, dass ich im Bauch der Mutter heranwachse, war ich bereits zu viel. Es gab noch die Hoffnung darauf, dass es ein Junge würde, die sich dann aber leider zerschlug. Geborgenheit, Wärme, Nähe, Sicherheit, Beschütztsein, Gehaltenwerden, das alles hat es nicht gegeben. Ich wurde hin und hergeschoben zwischen unterschiedlichen Menschen, die mich beaufsichtigten. Es gab nichts zuverlässiges außer dem täglichen Ritual wenn mein Vater zur immer selben Zeit von der Arbeit kam und mir ein Viertel seines Brotes mit immer dem gleichen Belag mitbrachte. An diesem Ereignis hielt ich mich fest. Es war der einzige Moment im Tagesverlauf, der sicher war und an dem Realität aushaltbar war. Es war alles, was ich an Liebe durch einen Elternteil erfuhr. Ich habe mir eine Phantasiewelt geschaffen, in der es eine Mutter gab, die mir alles gegeben hat, was ich mir immer gewünscht habe. Dorthin konnte ich mich flüchten, wenn ich traurig war, dorthin bin ich gegangen wenn ich Angst hatte, wenn ich glaubte sterben zu müssen. Sie war da und verfügbar, aber sie existierte nur in meiner Phantasie. Der Wunsch danach, eine solche Mutter ganz real zu haben wurde mit den Jahren immer größer. Die Überzeugung, dass mich niemand haben wollen würde auch. Immer wieder habe ich Frauen auserwählt als Ersatzmütter, aber sie durften natürlich nichts wissen.

Als ich älter wurde, Jugendliche, geriet meine Gefühlswelt durcheinander. Noch immer gab es Frauen, für die ich eine gewisse Art von Liebe empfand, nur jetzt wusste ich nicht mehr, ob ich eine Mutter will oder eine Partnerin. Und am schlimmsten war eigentlich, dass alle anderen Menschen gedeutet haben, dass ich verliebt sei. Und im Grunde wollte ich noch immer nur eine Mutter, bei der ich das finden kann, was ich nie bekommen habe. Aber das durfte ja irgendwie nicht mehr sein.

Als ich dann als junge Erwachsene an eine Therapeutin geriet, die gewillt war, diese Rolle zu übernehmen, war gefühlt auf einmal alles stimmig. Sicherlich hat es Menschen gegeben, die nichts davon verstanden, Menschen, die meinten das alles dürfe nicht sein. Und ja, einiges war falsch, hätte so nicht geschehen sollen. Es war nicht gut, dass ich und wir alle sie Mami nennen durften, es war nicht okay, dass sie Postkarten aus dem Urlaub geschrieben hat, unter denen Mami stand. Es war nicht gut, dass sie gesagt hat, ich würde immer ihr Kleines bleiben. Und es war falsch und ganz schlimm, dass sie mich eines Tages aus ihrem Leben geschmissen hat und mich als „so Eine“ bezeichnet hat. Doch eines war unabdingbar richtig und wertvoll. Nämlich, dass sie mir einige Zeit gezeigt hat wie sich Geborgenheit anfühlen kann. Leider habe ich bei ihr erneut die Erfahrung gemacht, dass Menschen mich verlassen und Geborgenheit sich in Gefahr wandelt.

Aus der Suche nach einer Ersatzmutter wurde die Suche nach Halt. Und auch den wollte mir niemand geben. Wie oft habe ich Sprüche gehört wie „Halt geben musst du dir selbst, das kann kein anderer“. Aber ich kann das auch nicht. Kurzzeitig gab es einen ganz wunderbaren Menschen, der mir wirklich Halt gegeben hat, mir eine Mutter war obwohl dafür viel zu jung. Sie war Betreuerin im ambulant betreuten Wohnen und sie war einfach toll. Und natürlich scharrten die Kritiker mit den Hufen. Es wäre Verliebtheit und sie würde Grenzen überschreiten und und und. Nein, ich war nicht verliebt, ich hatte sie lieb wie ein Kind die Mutter liebt, weil sie so liebevoll und fürsorglich mit mir als Gesamtperson umging. Und Grenzen, berufliche Grenzen und persönliche hat sie nie überschritten. Sie war nur einfach mit ihrem Herzen mehr bei mir als es viele ihrer Kollegen können und wollen. Und doch hat sie etwas getan, was ganz schlimm für mich war. Sie hat mir nicht gesagt, dass es Pläne gibt, wegzuziehen, sie hat nicht gesagt, dass sie eine Ausbildung zur Kinder- und Jugendtherapeutin gemacht hat, während sie mich betreut hat. Eines Tages habe ich, weil ich gespürt habe, dass etwas nicht stimmt, erfahren, dass sie in einem guten Monat wegziehen würde. Für mich ist die Welt zusammengebrochen. Aber sie machte auch noch den nächsten Fehler. Sie versprach, im Kontakt zu bleiben, Mails zu schreiben. Und nach ein paar Monaten passte auch das nicht mehr in ihr Leben. Ich und wir passten nicht mehr rein. Und das war fast noch schlimmer.

Und dann lernte ich wenige Monate danach meine Liebste kennen. Die Gefühle und die Bedürfnisse waren keine anderen als bei den Frauen, die ich zuvor erwähnt habe. Sie hat mich betreut und alles war auch so wie es zu sein hat. Bis dann eben in einer Krise die mich in die Klinik brachte, meine innere Not viel deutlicher sichtbar wurde. Die Haltlosigkeit wurde so offensichtlich. Und sie hat mich gehalten, sie hat mich beschützt, mich spüren lassen, dass ich sicher bin in ihren Armen.

Nun hatte ich zuvor oft genug erlebt, dass diese Menschen mich verlassen. Ich wollte nicht, dass sie das tut, endlich sollte einer da bleiben. Und bis heute bin ich nicht sicher, ob ich mich wirklich in sie verliebt habe oder einfach nur einen Weg gewählt habe, um mich sicherer zu fühlen. Am Anfang schwebte ich auf rosaroten Wolken. Ich fühlte mich großartig, so normal und okay. Therapie, wer braucht das schon. Sicherlich hatte ich Angst vor der Nähe, aber diese auch sexuelle Nähe, gab ja Sicherheit, sie kannte ich ja. Die Menschen, die mich sexuell benutzt haben, die sind ja nicht gegangen obwohl sie doch hätten bleiben sollen. Diese Menschen blieben doch meist viel länger als mir lieb war. Aber bei ihr war es anfangs anders. Ihr konnte ich sagen was mir Angst macht. Und sie hat mir geholfen Wege zu finden mit der Angst die Erfahrung zu machen, dass mir nichts schlimmes passiert. Sie hat mir Halt gegeben. Und mit den Jahren, in denen sie mir immer wieder gezeigt hat, dass sie da bleibt, dass sie mich nicht verlassen wird, wurde sie zum sicheren Anker. Die Liebste bleibt da, auch wenn es noch so stürmt und ich fürchte zu kentern, sie bleibt da. Sie bleibt da, egal ob ich jemals verliebt war oder sie einfach nur ganz unglaublich doll lieb habe oder ob ich sie liebe. Sie bleibt da, egal ob es die Gefühle eines Kindes oder die einer erwachsenen Frau sind. Und dennoch gibt es Tage an denen ich sie hundertfach frage, ob sie mir wirklich und ganz bestimmt noch liebt. Und es gibt Momente, in denen ich sicher bin, sie müsse mich hassen und könne es gar nicht mit mir aushalten. Meine Ängste sind nicht weniger geworden. Nur ihr Verhalten, ihre bedingungslose Liebe lässt es anders sein.

Und ich habe lange geglaubt und mir eingeredet, dass ich niemanden außer ihr brauche. Ich habe gespürt, dass der Wunsch nach der Ersatzmutter noch immer ganz groß ist. Aber könnte die Liebste nicht beides sein, Partnerin und Mutterersatz?

Heute habe ich darauf eine Antwort gefunden. Nein, sie kann das nicht! Sie kann nur Partnerin sein. Sie kann nicht Mutterersatz und nicht Therapeutin sein und sie kann auch nicht Betreuerin für mich sein. Sie kann nur Partnerin mit allen Facetten sein, die sie in sich hat. Und sicherlich ist sie da auch manchmal ein kleines Stück Mutter und manchmal eine Funken Beraterin die sich etwas auskennt. Aber eine Frau, die ihre Sexualität mit mir auslebt, kann nicht für mich Mutterersatz sein. Denn es würde nur eine Neuauflage meiner Kindheit sein. Nichts wäre anders, nichts würde sich verändern können.

Und damit komme ich zu meiner Therapeutin und meiner Beziehung zu ihr. Meine Therapeutin entsprach rein optisch vom ersten Sehen an dem Bild der Frau, die ich in der Phantasiewelt meiner Kindheit zu meiner Ersatzmutter gemacht hatte. Und natürlich durfte sie das nicht wissen. Inzwischen hatte ich doch gelernt, dass man solche Ersatzmütter nicht wünschen darf. Und es hat auch einiges an Zeit gebraucht, bis dann mal ein Innenkind vorpreschte und ihr sagte, dass sie wie die gewünschte Mami sei. Sie hat gesagt, dass sie keine Mami sein kann, weil sie keine ist. Wieder wurden Wünsche und Sehnsüchte verboten. Aber in mir ist die Sehnsucht ja dennoch gewachsen. Sie sieht doch so aus und sie verhält sich so und überhaupt, ich will doch endlich diesen Menschen gefunden haben, der so lange nur in der Phantasie existiert hat. Und mit der Zeit wurde immer klarer, dass wir etwas falsch verstanden haben. Sie hat nie gesagt, dass, sie nicht das sein kann, was ich so sehr brauche. Sie ist wie eine gute Mutter sein sollte. Sie gibt mir all das, was ich als Kind nie bekommen habe. Sie ist bedingungslos da, sie hält mich, hat mich lieb auch wenn ich anstrengend und schwierig bin. Aber das zu glauben ist einfach schwer. Immer lauter die Angst im Hintergrund, immer erwarte ich den Moment an dem der Traum vorbei ist. Ich schwanke zwischen der extremen Sehnsucht nach ihrer sicheren körperlichen Nähe und der Angst verlassen zu werden. Und wenn alles zu viel wird, dann will ich den Kontakt abbrechen, um die Zerrissenheit nicht mehr aushalten zu müssen.

Die Mutter meiner Kindheit hat mir regelmäßig angedroht, mich ins Heim zu stecken, in ein Erziehungsheim, weil ich so schwierig sei. Und zu glauben, dass da heute ein Mensch sein kann, der mich auch dann noch lieb hat, wenn es mir schlecht geht und ich die innere Not zeige, ist unendlich schwer.

Und nun wird der Leser feststellen, dass es einige Parallelen zwischen der Partnerschaft und der therapeutischen Beziehung gibt. Ja, denn beides ist Liebe, und doch auf völlig verschiedene Arten.

Ich habe eine Therapeutin und eine Therapiemethode gefunden, die perfekt zu mir passt. Einen Menschen, der sehr gut zu mir passt. Und oft bin ich verwirrt, weil ich Sorge habe, mich in diese Frau verliebt zu haben. Aber dann gibt es die Momente, in denen ich weiß, dass ich sie unendlich doll lieb habe, weil sie mir gibt, was ich als Kind nie hatte. Mit erwachsener, sexuell begehrender Liebe hat das nichts zu tun. Ich kuschle mich an sie, weil sie mich beschützt und geborgen hält und meine Kinderseele das so sehr braucht. Und ich muss nicht aufpassen, wenn ich bei ihr bin, weil sie die Erwachsene ist, die aufpasst, weil sie das tut, was früher niemand getan hat. In der Beziehung mit meiner Therapeutin kann ich neue Erfahrungen machen, kann sich Veränderung entwickeln. Ich kann mich ausprobieren und experimentieren, sofern ich mich das traue und es mir erlauben kann. Sie wird mich nicht wegschicken, weil ich mich blöd verhalte, oder weil ich mal enttäuscht bin oder wütend. Mein Kopf weiß das! Aber die Kinderseele ist noch viel zu wenig mit Geborgenheit, Wärme, Beschütztsein, Gehaltenwerden und Sicherheit gefüllt, um glauben zu können, nicht wieder weggeschickt zu werden. Das braucht noch ganz unendlich viele Tropfen, die da hineintropfen müssen, um das wirklich ganz sicher glauben zu können. Dafür reichen 10 Monate Zeit nicht aus, selbst dann nicht, wenn sie ganz intensiv wären.

Genau diese Tropfen kann meine Partnerin in die Kinderseele nicht tropfen lassen. Sie kann nur mit mir leben. Sie kann nicht die Wunden meiner Kindheit heilen. Nur dableiben und zusehen, wie aus dem verletzten Kind mit der Zeit ein Mensch wird, der sich annehmen und lieben kann. Und diese Veränderung kann nur in der Beziehung mit der Therapeutin geschehen.

Alltags-Wahnsinn · über uns

Selbst-Fürsorge


Immer häufiger kommt in mir der Gedanke auf, diesen Blog nicht mehr weiterzumachen, einfach nichts mehr zu schreiben. Ich frage mich, warum ich immer wieder diese Zweifel bekomme. Ich schätze mal, weil es wirklich sowas wie ein Balanceakt ist. Immer wieder wird x-Mal überprüft, ob wir wirklich schreiben dürfen was wir schreiben, ob es wirklich okay ist, uns anderen mitzuteilen, ob wir das Schweigen brechen dürfen, ob wir uns zumuten dürfen, ob es richtig ist, vielleicht in anderen etwas auszulösen, weil wir unsere Erfahrungen und unsere Geschichte teilen.

Gleichzeitig bin ich überzeugt und sicher, dass jeder für sich und sein Leben ganz alleine Verantwortung trägt. Ich stelle meine aufgeschriebenen Gedanken ins Netz, aber wer sie liest und was das mit dem macht, dafür trage ich keine Verantwortung. Trotzdem finde ich es nahezu unerträglich, wenn ich dann lese, dass es jemandem schlecht geht und ich den Eindruck bekomme, dass ein Artikel im Blog der Auslöser war. Deshalb warne ich immer wieder vor Artikeln, die heftig sein können. Und ganz ehrlich, wenn bei uns eh schon Krise ist, dann lesen wir kaum noch die Einträge in anderen Blogs. Man muss einfach nicht noch was draufpacken. Es geht auch irgendwann wieder besser, dann können wir immer noch lesen, was in der Zwischenzeit geschrieben wurde.

Aber klar doch, wir verstehen das, wenn andere trotzdem lesen. Haben wir auch gemacht, in der Anfangszeit, als noch alles frisch war und wir auf der Suche nach Antworten auf unendlich viele Fragen waren. Inzwischen stehen wir an einem anderen Punkt. Inzwischen lesen wir nicht mehr jedes neue Buch zum Thema, schauen auch keine Filme mehr, die neue Erinnerungen auslösen könnten. Wir sind was das angeht richtig selbst-fürsorglich geworden. Aber vielleicht bedarf es dafür auch wirklich einer gewissen inneren Stabilität im Sinne von Kontakten miteinander und Respekt voreinander. Vielleicht ist es auch eine Veränderung, die erst jetzt richtig deutlich wird. Vielleicht entwickelt sich bei mir gerade sowas wie die Erkenntnis, dass es nicht gut ist, mir selbst zu schaden. Was nicht heißt, dass ich nicht trotzdem immer wieder auch in altes Gedankenmuster reinrutsche und es auch immer wieder Momente gibt, in denen der innere Schmerz so groß wird, dass ich einen körperlichen Gegenschmerz brauche um es zu ertragen. Aber es verändert sich, das spüre ich ganz deutlich.

Trotzdem ist es auch so, dass es ganz heftig ins Gegenteil kippt, wenn mir jemand anderes sagt, wie gut ich das doch mache, wie prima ich doch für mich sorge. Ein riesiger Selbsthass bricht dann aus. Nein, diesem Körper darf nichts Gutes getan werden. Das hat der gar nicht verdient. Aber so ist das wohl auch, wenn etwas dabei ist sich zu verändern. Das Alte ist doch so vertraut und war immer so sicher. Und das Neue noch ganz fremd und ungewohnt, das ist noch lange nicht so sicher wie das vertraute Alte.

Und vertraut ist es mir auch, andere zu schützen, für andere zu sorgen. Das alleine ist schon Grund genug, immer wieder Zweifel daran zu bekommen, ob das was wir hier so im Blog schreiben wirklich so gut und richtig ist. Das alleine ist Grund genug, aber es gibt ja noch ganz andere Gründe. Nicht zuletzt den, dass tief in uns die Überzeugung ist, nichts sagen zu dürfen. Und mit jedem Wort, was wir hier über uns schreiben, brechen wir dieses Gebot und manchmal ist das ganz leicht und dann wieder zieht es uns so runter, dass wir nahe dran sind alles zu löschen. Aber wir wollen auch nicht mehr schweigen, wollen nicht mehr vor DENEN kuschen. Wir sind nicht mehr klein und wehrlos.

Und wir werden uns wieder einmal mehr wagen, Gefühle und Erinnerungen preiszugeben.