über uns

Warum ich schreibe………

Quäle dich nicht mit deiner Angst herum, du bist jetzt ein Teil der großen Familie namens “Tagebuch-Blogger”. Wir alle haben unser Päckchen zu tragen und jeder von uns trägt es auf seine Weise. Wichtig ist nur, dass du weißt, dass du nicht (mehr) alleine bist! Wir können dich verstehen, dir Trost spenden, liebe Worte schenken, Zuversicht geben und versuchen, dein Leid zu lindern, indem es manche von uns teilen.
Wir sind überall …! 

Diese Worte befanden sich kürzlich in einem Kommentar von Meinungsmacher zu meinem Artikel „kritische Gedanken“.

In mir regte sich sofort Widerstand gegen das, was ich da las. Und viele Worte bildeten sich, die dazu gedacht wurden. Ein „Tagebuch-Blogger“, nein, in die Schublade will ich nicht, das ist nicht meine. Eigentlich will ich in gar keine Schublade. Ich bin einfach ich, mit allen Facetten. Aber ein „Tagebuch-Blogger“, das bin ich nun wirklich nicht. Weder sind meine Tage so interessant, dass ich hier alle öffentlich daran teilhaben lassen wollen würde, noch schreibe ich hier derart intime, persönliche Empfindungen und Ereignisse, die ich nur einem Tagebuch anvertrauen würde. Und täglich schreibe ich auch nicht, auch nicht irgendwie regelmäßig. Überhaupt bin ich kein Tagebuchtyp. Ich mag nicht solche Zusammenfassungen von Ereignissen. Unser Blog ist etwas anderes.

Es ist ein Ort, an dem wir unsere Gedanken aufschreiben können. Eine Möglichkeit, mit der Welt zu teilen, was wir an Erfahrungen machen. Andere teilhaben lassen an Entwicklungen. Menschen, die auf der Suche nach Erklärungen sind, um sich selbst besser verstehen zu können oder vielleicht auch einen anderen Menschen. Einblick zu geben in unsere Gedankenwelt.

Als „Tagebuch-Blogger“ würde ich heute schreiben, dass es hier völlig verregnet-trüb ist und der Scheinwerfer am Auto nicht geht und ich in die Werkstatt fahren müsste, was ich aber nicht hinkriege, weil ich nicht um Hilfe bitten kann. Wen interessiert das????? Die Menschen die ich gerne erreichen möchte gewiss nicht.

Ich werde über etwas anderes schreiben, etwas was mir lange schon unter den Nägeln brennt und heute mal so richtig hochgepusht wurde. Aber dazu in einem zweiten Artikel mehr.

Es gibt ja noch den Rest des Kommentars, der hier vieles aufgewühlt hat.

Ich soll zu etwas dazugehören? Ich? Und alleine bin ich nun plötzlich auch nicht mehr? Und hier wird mein Leid gelindert?????? Welches Leid?

Schreibe ich euch über mein Leid? Könnt ihr mir das mal ganz ehrlich beantworten? Wäre echt lieb von euch, wenn ich da mal eine Rückmeldung bekäme.

Ich möchte nicht den Eindruck vermitteln, dass ich leide. Ich tue es nämlich nicht. Ich kämpfe, jeden Tag wieder. Ich lasse mich nicht in mein Leid fallen und ich schreibe hier auch nicht, um von anderen Menschen Trost zu bekommen. Ich weiß, dass mich Worte in der Regel wenig trösten. Sie tun gut, und oft helfen sie, eine schwere Zeit besser durchzustehen. Doch um Trost zu fühlen, brauche ich einen ganz realen Menschen, der spürbar da ist.

Das mit dem Alleine-sein-Gefühl, das ist so eine Sache. Wenn man nie zu etwas dazugehört hat, zu dem man auch dazugehören wollte, dann ist die Aussicht nun zu etwas dazugehören zu können ja irgendwie verlockend. Aber ist es nicht so wie schon früher, wenn ich nur dort willkommen war, wo ich gar nicht sein wollte? Wenn mich jemand als Freund bezeichnet hat, den ich nicht mal wirklich mochte? Natürlich wünsche ich mir, dazuzugehören. Zu irgendetwas dazuzugehören, mit dem ich mich wohl und geborgen fühle. Zu dieser dort benannten Familie gehöre ich nicht. Die habe ich mir nicht ausgesucht. Da will ich auch nicht reingeschoben werden. Das fühlt sich nicht gut an.

Noch ein paar Worte zu dem, was ich mir hier im Kontakt wünsche.

Ich wünsche mir Menschen, die ehrlich schreiben was sie beim Lesen unserer Artikel denken, fühlen, mitteilen möchten. Ich erwarte keinen Trost, keinen Zuspruch, kein Teilen meines (nicht vorhandenen) Leids. Bin einfach nur dankbar um jedes Wort, was ihr hier in Kommentaren schreibt, was wirklich und aufrichtig in euch auftaucht. Für mich ist hier jeder ein Mensch und nicht nur jemand, der Worte schreibt. Und jeder hat seine Geschichte die ihn prägt und begleitet. Und keine dieser Geschichten mag ich bewerten oder beurteilen. Ich lese sie gerne, immer dann, wenn ich es gut kann. Und es hilft mir, von anderen zu erfahren, wie sie mit etwas umgehen, was ich auch kenne. Ein „das kenne ich“ empfinde ich als hilfreich für mich, auch dann wenn dieser Mensch einen anderen Weg für sich gewählt hat als ich.

So nun mal zu meinem zweiten Artikel für heute……………

8 Antworten auf „Warum ich schreibe………

  1. Hallo! Ich schreibe seit meinem 10. Lebensjahr Tagebuch. Und dahinein kommt alles, was ich fühle. Sehr selten geht es da um mein äußeres Leben, wie z.B. das Wetter! Was ich sagen will: Mir ist es Wurst, was dieser oder jener denkt und sagt über mich. Und wenn mich jemand irgendwo “ zuordnen“ würde, ist es seine Sache, nicht mein Problem! Ich lese sehr gern, wie du kämpfst um jeden Fortschritt. Und ich kann mich dann für dich auch freuen, obwohl wir uns gar nicht kennen. Ich persönlich ziehe manchmal Kraft aus dem Zuspruch der Blogger, kann ich zugeben. Und zum Thema Leiden: Ist auch nur eine subjektive Definitionssache. Der eine sagt, es quält mich, der andere, ich leide darunter. Genau genommen ist der tägliche Kampf gegen die Traumafolgen eine Quälerei. Auch ich schicke diese in die Welt hinaus. Scheiß auf die Scham, sag ich mir … hab viel zu lange geschwiegen. Also raus damit. Und ich schreibe sehr sehr viel vom Leid.
    Ich find es o.k. wie du deinen Blog schreibst, denn es ist ganz allein deiner! Da kannst du machen, was du willst! Oder?
    Liebe Grüße von Mari

    1. Hallo Mari,
      Zuspruch von Lesern tut mir auch gut, gibt mir auch manchmal Kraft. Nur als Trost kann ich es eben nicht empfinden. Das hat weniger damit zu tun, dass ich diese Menschen nicht real kenne, als mit dem Umstand, dass ich jemanden körperlich spüren muss, um wahrnehmen zu können, dass er wirklich da ist.
      Ich empfinde meinen täglichen Kampf nicht als Leid und auch nicht als Quälerei. Gelitten habe ich als ich Kind war und nicht verstehen konnte was da warum geschieht. Heute, wo ich Antworten finden kann und Wege, empfinde ich es als Weg, den ich gehen muss, damit ich zu mir finden kann.

      Ja, ist mein Blog. GANZ ALLEIN MEINER! Fühlt sich sowas von gut an. 🙂

      Ich hoffe, es geht dir gut und das Ankommen in der Klinik ist nicht ganz so schlimm wie befürchtet.

      Schicke dir ganz liebe Grüße

  2. ich dachte auch zuerst, dass „leid“ eine frage der definition ist. für mich bedeutet leiden, den zustand wie er ist, nicht akzeptieren zu können und dann darunter, neben dem was eh schon schwer ist zusätzlich zu leiden. das lese ich nicht in deinem blog.
    sonst sehe ich es wie mari, was du hier wie und warum schreibst, ist einzig und alleine deine sache. wer davon profitiert wird bleiben, wem es nicht gefällt der wird gehen. oder?

    1. Vielen Dank für deine ehrliche Rückmeldung. Leid verstehe ich ganz ähnlich wie du. Aber vielleicht sogar noch etwas anders. Leiden ist für mich ein Zustand, in dem ich mich sehr schlecht fühle und nichts verändern „kann“. Leid bedeutet für mich ein sich fallen lassen in einen Zustand. Jemand der Kämpft, hat bereits Leid erlebt, aus dem er sich befreien will. So ungefähr verstehe ich das.

      Ganz genau, wem es hier nicht gefällt, der wird gehen. Und das ist auch gut so. Denn anpassen will ich mich hier ganz bestimmt nicht.

  3. Dieser Beitrag regt mich zum nachdenken an.

    Danke dafür.

    Oft hab ich mir gewünscht, als ich auf meinem Blog schrieb das es auch so rüber kommt wie du es beschreibst.

    Ich leide nicht mehr.
    Ich habe ein Päckchen zu tragen, aber ich denke ich meister es gut. Denn es gibt nur selten Tage an denen ich nicht lächeln kann. Und wenn es auch nur ein Moment der Erinnerung ist.

    Liebe grüße Amy

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